• Politik
  • Gerichtsprozess in der Türkei

Mesale Tolu kommt unter Auflagen frei

Inhaftierte Journalisten werden bis zur Urteilsverkündung aus der Untersuchungshaft entlassen

  • Lesedauer: 2 Min.

Die deutsche Journalistin Mesale Tolu und fünf weitere Inhaftierte werden aus der Untersuchungshaft in der Türkei entlassen. Allerdings erließ das Gericht in Istanbul am Montag gegen alle sechs Angeklagten eine Ausreisesperre, wie Beobachter aus dem Gericht übereinstimmend mitteilten. Außerdem müsse sich Tolu jeden Montag bei den Behörden melden. Tolus Vater, Alia Riza, sagte gegenüber dem Spiegel: »Heute bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Wir werden jetzt nach Hause fahren und alle zusammen feiern.«

Die Staatsanwaltschaft in Istanbul hatte zuvor die Freilassung der deutschen Journalistin Mesale Tolu und fünf weiterer inhaftierter Angeklagter in dem Verfahren beantragt. Das Gericht zog sich nach Anhörung der Verteidiger zur Beratung zurück, um über den Antrag der Staatsanwaltschaft zu entscheiden, wie Beobachter aus dem Gerichtssaal am Montag übereinstimmend berichteten.

Tolu und 17 türkischen Angeklagten wird die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen. Dabei soll es sich um die linksradikale MLKP handeln, die in der Türkei als Terrororganisation gilt und in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Der aus Ulm stammenden Deutschen drohen nach Angaben ihrer Anwälte bei einer Verurteilung bis zu 20 Jahre Haft. Die Angeklagten fordern einen Freispruch. Prozessauftakt war am 11. Oktober diese Jahren.

Die meisten türkischen und deutschen Reporter waren am zweiten Verhandlungstag in dem Verfahren wegen Platzmangels von dem Verfahren ausgeschlossen worden. Tolu sagte nach Angaben von Beobachtern bei ihrer Verteidigung vor Gericht: »Ich wurde verhaftet, weil ich Journalistin bin und beabsichtigt wurde, Druck auf die Medien auszuüben. Der Druck auf die Medien wurde fortgesetzt, aber ich denke, dass die Justiz gerecht entscheiden wird.«

Als Beobachter im Verhandlungssaal nahmen am Montag der deutsche Botschafter Martin Erdmann, die Linke-Abgeordnete Heike Hänsel und der Journalist Günter Wallraff teil. Dieser nannte den Prozess »eine Farce.« Solange Tolu inhaftiert sei, sei sie weiter eine »Geisel«.

Die 33-jährige Tolu arbeitete in Istanbul für die kleine linke Nachrichtenagentur Etha. Sie ist eine von mindestens neun Deutschen, die aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert sind und deren Freilassung die Bundesregierung fordert. Namentlich bekannt aus dieser Gruppe ist neben Tolu nur der »Welt«-Korrespondent Deniz Yücel, der seit Februar ohne Anklage in U-Haft sitzt.

Am 26. Oktober war der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner aus der U-Haft entlassen worden. Dies wurde als Zeichen der Entspannung im belasteten deutsch-türkischen Verhältnis gewertet. Steudtner reiste am Tag darauf nach Berlin aus. Sein Verfahren in Istanbul wird aber fortgesetzt. Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -