Entkernung wäre die Alternative

Flughafenexperte Dieter Faulenbach da Costa hält seine Kritik am BER aufrecht

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 4 Min.
Herr Faulenbach, es gibt einen neuen Eröffnungstermin für den Flughafen BER - Oktober 2020. Für wie realistisch halten Sie das?

Ich kenne die Vertragsgrundlagen nicht, die der Flughafen mit dem Hauptplaner abgeschlossen hat, um das beurteilen zu können. Wurde vereinbart, bis 2018 nur die Fertigstellung der Anlagen zu melden, oder deren fehlerfreie Fertiggestellung und Abnahme durch Sachverständige? Ist Letzteres sichergestellt, könnte der Termin durchaus klappen.

Zur Person

Zu den entschiedensten Kritikern des künftigen BER zählt der Frankfurter Flughafenplaner Dieter Faulenbach da Costa. Bis zum Jahr 1999 war da Costa selbst an der Planung des damals noch Berlin Brandenburg International (BBI) genannten Projekts beteiligt. Tomas Morgenstern sprach mit dem studierten Stadtplaner und Diplom-Ingenieur für »neues deutschland«. Foto: dpa/Patrick Pleul

Mit dem Gebäudeausrüster Caverion wurde ein Pauschalvertrag ausgehandelt. Lassen sich auf diese Art die Kosten im Rahmen halten?
Caverion hatte schon einmal einen Pauschalvertrag, um die Anlage zu bauen. Da wäre es interessant, zu fragen, wie hoch der erste Pauschalvertrag war. Der frühere Flughafenchef Schwarz hatte 2012 bei der Entrauchungsanlage von 130 Millionen Euro gesprochen. Inzwischen reden wir hier über Summen von 329 Millionen Euro. Also offensichtlich sind auch Pauschalverträge nicht geeignet, die Kosten zu begrenzen.

Wenn 2020 klappt: Was für einen Flughafen erhielte Berlin im nationalen und europäischen Vergleich?
Laut Masterplan ist vorgesehen, bis 2040 dort 58 Millionen Passagiere pro Jahr abzufertigen. Aber sicherlich wird der BER ein großer Flughafen in Europa. Nachdem entschieden wurde, den neuen Flughafen in Schönefeld zu bauen, ist der Traum vom Drehkreuz, trotz aller anderen Meldungen, geplatzt.

In Schönefeld soll das hoch komplexe Fluggastterminal fertig gebaut werden, Erweiterungsbauten plant man in »gehobener Industriearchitektur«. Sie selbst hatten nach der geplatzten Eröffnung 2012 empfohlen, das Hauptterminal zu entkernen. Bleiben Sie dabei?
Was war an der Komplexität so überraschend? Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass die Entkernung die kostengünstigere, sinnvollere und zielführendere Alternative wäre, um eine bedarfsgerechte Bedienung der Nachfrage zu ermöglichen. Es ist sicher sehr spät, aber wenn man den Flughafen zukunftsfähig machen und vor allen Dingen in überschaubaren Zeiträumen die Nachfrage zu ordentlichen Bedingungen bedienen will, dann wird man nicht daran vorbeikommen, das Terminal zu entkernen und nachfragegerecht gerade auf der Landseite die notwendigen Abfertigungseinrichtungen vorzusehen und eine 3. Piste zu bauen. Die ist spätestens 2030 dringend erforderlich.

Bei den Kosten ging man 2006 von zwei Milliarden Euro aus, heute liegt der Rahmen bei 6,5 Milliarden Euro. Wie teuer wird der BER?
Das ist schwer einzuschätzen. Auf der einen Seite will der Flughafen bis 2040 für seinen Masterplan 2,4 Milliarden Euro noch zusätzlich ausgeben. Noch nicht absehbar sind auch die laufenden Kosten für jene Bauten am BER, die im Moment gar nicht genutzt werden können. Also beispielsweise die Parkhäuser, Hotels und Büroflächen, die ja jeden Monat Geld kosten. Da kommen enorme Summen zusammen, die wohl der Flughafen bezahlen muss.

Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hält den für die ausstehenden Wirkprinzip-Prüfungen, Tests, Abnahmen und den Probebetrieb eingeplanten Zeitpuffer von 18 Monaten für ausreichend. Stimmen Sie dem zu?
Die Wirkprinzip-Prüfungen setzen voraus, dass die Anlagen fehlerfrei erstellt und durch Sachverständige abgenommen werden. Anschließend muss noch der Probebetrieb mit Komparsen durchgeführt werden. Und da das Terminal ja heillos unterdimensioniert ist, muss man deutlich längere Zeiten dafür einplanen. Hinzu kommt, dass auch die Anlagen, die für den Flugbetrieb vorgesehen sind, also Check-In, Gepäckausgabe und so weiter, noch im laufenden Betrieb getestet werden müssen, bevor die Betriebsabnahme kommt.

Und da können erhebliche Komplikationen nicht ausgeschlossen werden, die dann zu weiteren Verzögerungen führen. Ein Probebetrieb ist kein Selbstläufer Es wird eng, wenn nicht vorher dafür gesorgt wird, dass insgesamt ausreichende Kapazität zur Passagierabfertigung im Berliner Luftverkehrsmarkt zur Verfügung steht.

Und das setzt voraus, dass man beispielsweise bis Ultimo den Flughafen Tegel betreiben kann. Und da wäre ich mir nicht so sicher, denn dort ist mit Klagen von Anwohnern wegen des fehlenden Lärmschutzes zu rechnen. Man wird auch damit rechnen müssen, dass die sofort Vollzug beantragen, wenn die vom Bundesverfassungsgericht verfügte Lex Tegel 2019 im Fluglärmschutzgesetz endet.

Was muss aus Ihrer Sicht am Flughafenstandort geschehen, damit der BER funktioniert?
Das ist eine fast nicht zu beantwortende Frage, weil der Flughafen ursprünglich mal für die Zufahrt und die Vorfahrt von insgesamt 33 Millionen Passagieren geplant wurde - inklusive Bahnhof und Erschließung. Und jetzt will man fast das Doppelte dort abfertigen. Da habe ich meine Zweifel, dass das machbar ist. Spontan sehe ich keine Lösung dafür, denke aber, dass man eine solche finden kann. Die kann aber nicht darin liegen, an diese nicht erweiterungsfähige Flughafenzufahrt einfach noch mehr Kapazitäten dranzuhängen, als ursprünglich geplant waren und dann dazu noch über 20 Jahre eine Baustelle drauf zu haben.

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