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Enges Korsett
Stefan Otto über die Wohnungspolitik des rot-rot-grünen Berliner Senats
»Ich bin ein Straßenhund«, sagte Tim Roeloffs vor einigen Wochen. »Ich finde jedes Loch, aber es gibt keins mehr für mich in Berlin.« Der Aktivist aus dem Kunsthaus Tacheles war lange ein Aushängeschild der Stadt, wurde von dem ehemaligen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) als Kulturbeauftragter ernannt. Doch das ist fast zehn Jahre her. Heute steht Roeloffs vor dem Nichts. Der Vertrag für sein Atelier in der Gleimstraße in Prenzlauer Berg ist ausgelaufen, seine Wohnung wurde ihm im Laufe eines Rechtsstreits gekündigt. Ein Richter sagte zu ihm, er solle nach Brandenburg ziehen, da sei noch Platz.
Der Fall ist exemplarisch für das wachsende Berlin. Der Wohnungsmarkt ist dicht. Jeder zweite Haushalt hat so geringe Einkünfte, dass er Anspruch auf eine Sozialwohnung hätte. Aber günstige Wohnungen gibt es viel zu wenige. Das ist die eine Seite. Die andere: Das Wort Betongold ist geläufig geworden; es beschreibt die immensen Wertsteigerungen der Immobilien. Auf dem freien Wohnungsmarkt geht es rau zu, die Mieter sind dort vor allem eines: Einzelkämpfer. Roeloffs ist ein prominentes Beispiel dafür.
Dies ist der Rahmen, in dem die Mitte-links-Regierung Politik macht. Sie versucht, die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften zu stärken und den Neubau anzukurbeln. Das klappt aber nicht in dem Umfang, wie sie es sich vorgenommen hat. Weil es insbesondere an Sozialwohnungen mangelt, wird Einkommensschwachen mit einer angepassten Richtlinie AV Wohnen der Rücken gestärkt. Das ist zweifelsohne ein richtiger Schritt. Doch zu wenig, um den Raubtierkapitalismus zu zähmen.
Der Handlungsspielraum für den rot-rot-grünen Senat ist ohnehin begrenzt. In der Wohnungspolitik wird er längst aufgerieben - zwischen dem aggressiven Immobilienbesitzern auf der einen Seite und der fehlenden Unterstützung der Bundespolitik auf der anderen. Seit zweieinhalb Jahren gibt es eine bundesweite Mietpreisbremse, die wegen vieler Ausnahmen aber nahezu unwirksam ist und die Preistreiberei bei Neuvermietungen nicht stoppen kann. Die Wohnungsnot grassiert weiterhin. Insofern verwundert es nicht, dass der Zuspruch der Bevölkerung für die Mitte-links-Regierung bislang verhalten ausfällt.
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