• Berlin
  • Verfassungsschutz und Terrorgefahr

Bespitzelung gehört sich nicht

Andreas Fritsche zur Forderung nach mehr Geheimdienstlern

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.

Es spricht viel für die Idee, sämtliche Geheimdienste abzuschaffen, unverzichtbare Aufgaben stattdessen durch verdeckte Ermittler der Kriminalpolizei erledigen zu lassen und ansonsten mit der mehr oder weniger unkontrollierten Bespitzelung missliebiger Bürger aufzuhören, weil sich das für eine echte Demokratie nicht gehört.

Ein Verfassungsschutz, der lieber seine Quellen schützt, als die Strafverfolgung zu unterstützen, trägt erlebbar wenig zur Sicherheit bei. Das hat sich beim NSU-Skandal gezeigt. Opferanwälte und andere Experten mutmaßen, die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds hätte vielleicht verhindert werden können, wenn der brandenburgische Verfassungsschutz die Hinweise, die er von seinem V-Mann »Piatto« auf den Verbleib des untergetauchten NSU-Trios hatte, rechtzeitig an die richtigen Stellen weitergegeben hätte. Personalmangel schien damals nicht das Problem gewesen zu sein. Der Geheimdienst war gut über die Neonaziszene informiert. Das Problem war der Umgang mit dem erlangten Wissen.

Der NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags hat sich nach anderthalb Jahren Vorarbeit gerade erst an den eigentlichen NSU-Skandal herangetastet und kann noch gar nicht abschließend beurteilen, was alles falsch gemacht wurde und wozu das nachweislich geführt hat. Fest steht: Der Geheimdienst mauerte im Münchner NSU-Prozess, und im Potsdamer NSU-Ausschuss mauert er weiter.

Insofern ist es voreilig, geradezu frech, jetzt mehr Personal zu fordern. Andererseits kann der Wunsch nach mehr Stellen auch nicht so leicht prinzipiell abgelehnt werden. Es lohnt sich, wenigstens darüber nachzudenken, wie mit dem Verfassungsschutz angesichts einer gewachsenen Terrorgefahr umzugehen ist. Forderungen nach mehr oder weniger Personal sollten einstweilen zurückgestellt werden.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.