Im Zeichen der blauen Herzen: Filmnachwuchs zieht es nach Saarbrücken
Das Festival um den Max Ophüls Preis ist zum größten regelmäßigen Kulturevent im kleinsten deutschen Flächenland geworden
Saarbrücken ist nicht nur die Stadt der kurzen Wege. An der Saar geht es auch legerer zu als in vielen anderen Städten der Republik. Das gilt auch für das Filmfest Max Ophüls Preis (MOP), benannt nach dem namhaften Regisseur Max Ophüls, der 1902 im Saarland geboren wurde und 1957 in Hamburg starb.
Wohlfühlatmosphäre statt Glanz und Glamour, Jeans statt Smoking selbst bei der abschließenden Gala: Immer zu Jahresbeginn und kurz vor der glamourösen Berlinale wird Saarbrücken zur Stadt der blauen Herzen. Mit dem MOP-Markenzeichen - die Festivaltrophäe besteht aus stählernen Herzen mit einem blauen Glasobjekt in der Mitte - werden gleich im neuen Jahr viele der Geschäfte in saarländischen Landeshauptstadt dekoriert.
Ab 22. Januar heißt es in Saarbrücker Kinos bereits zum 39. Mal »Film ab« für das MOP-Filmfest - rund 150 Streifen stehen auf dem Programm. Das MOP ist längst zum größten regelmäßigen Kulturevent im kleinsten deutschen Flächenland geworden.
Inzwischen gibt es in Deutschland rund ums Jahr zwar zahlreiche Filmfestivals und viele davon haben auch eine Sektion für den jungen Film - von der Berlinale bis hin zum Münchner Filmfest. Das MOP-Fest hat aber ein Alleinstellungsmerkmal. »Wir sind immer noch das einzige Festival, das sich rein auf den Nachwuchs bezieht«, sagt Festivalleiterin Svenja Böttger stolz. Ein großer Vorteil für die jungen Künstler aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg sei es, dass sie in Saarbrücken engen Kontakt zu der Branche hätten, sich vernetzen könnten. Und nicht zuletzt gebe es für die Filme ein so großes Publikum wie nirgendwo sonst. Produzenten, Verleihern und anderen Vertretern der Branche bietet das MOP-Fest die Gelegenheit, gezielt Ausschau nach den besten neuen Talenten zu halten.
In den vergangenen vier Jahrzehnten ernteten Regisseure wie Wolfgang Becker (»Good Bye, Lenin!«) oder die Schauspieler Til Schweiger und Maria Schrader in Saarbrücken ihre ersten Lorbeeren. Die Regisseurin Doris Dörrie gewann dort 1984 für ihren ersten großen Spielfilmerfolg »Mitten ins Herz« mehrere Preise. 2018 wird die inzwischen 62-Jährige zum Festivalauftakt für ihre Verdienste um den deutschsprachigen Film mit dem Ehrenpreis ausgezeichnet.
Beim Eröffnungsfilm wird es politisch. Die deutsch-französische-polnische Co-Produktion »Der Hauptmann« von Robert Schwentke setzt sich mit den Mechanismen im Nazi-Deutschland auseinander, wie sie im Militär auch in den letzten Kriegstagen noch funktionierten.
Vom 22. bis 28. Januar 2018 werden wieder rund 40 000 Zuschauer zu der Filmwoche erwartet - viel mehr passen auch nicht in die Kinosäle. Im Mittelpunkt steht wie immer der Wettbewerb - es geht um die Kategorien Lang-, Dokumentar-, Kurz- sowie mittelanger Film. Gemeinsam mit Programmdirektor Oliver Baumgarten hat Böttger aus 800 Einsendungen 60 Streifen dafür ausgesucht.
In der Kategorie Langfilm wetteifern 16 Werke um den begehrten Hauptpreis. Dabei hat Böttger als Trend ausgemacht, dass die Nachwuchsfilmer ihre Geschichten - ob Thriller, Mystery oder Liebesgeschichte - mit Elementen aus dem jeweiligen klassischen Genres erzählen und weniger aus einer privaten Perspektive wie oft noch im vergangenen Jahr. 2017 hatte die 29 Jahre junge Böttger als Festivalleiterin in Saarbrücken Premiere. Zusammen mit Baumgarten hatte sie das Programm vor allem in den Nebenreihen gestrafft und modernisiert. So wurden Streifen, die schon auf anderen deutschsprachigen Festivals gezeigt wurden, in der Reihe »MOP-Watchlist« zusammengefasst.
Auch 2018 laufen wieder Nachwuchs-Filme außer Konkurrenz, die die Festivalmacher für wichtig erachten, die aber ihre deutschsprachige Erstaufführung schon hinter sich haben. »Uns ist es wichtig, den Filmemacher bekannt zu machen und ihm den Weg zu bereiten«, sagt Böttger. Auch diesmal will sie wieder Grenzen - medial und geografisch - überschreiten und neue Trends zeigen. So widmet sich die 2017 eingeführte Reihe »mob-visionen« diesmal Produktionen von »Webserien«, die nur in Saarbrücken auf der großen Leinwand laufen, ansonsten aber auf Computer-, TV- oder handy-Bildschirmen angeschaut werden. Das Format biete für viele junge Filmemacher die Chance, ihre Geschichte breit zu erzählen und alle Facetten ausprobieren zu können, sagt Böttger. »Sie werden nicht in ein enges Zeitkorsett gepresst.« Ein Nachteil sei, dass das Budget für solche Produktionen meist ziemlich klein sei.
Vorgestellt werden soll auch wieder eine Filmhochschule aus dem nicht-deutschsprachigen, europäischen Ausland. Beim MOP 2018 präsentiert sich die Staatliche Hochschule für Film, Fernsehen und Theater Łódź (Polen) mit einigen Kurzfilmen. Als Festivalmacherin wünscht sich Böttger natürlich mehr Geld. Der Etat ist mit gut einer Million Euro seit Jahren nur leicht gewachsen. Aber Böttger ist auch Realistin: »Man muss gucken, wo das Geld herkommt.«
Sie fühle sich sowohl durch Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) als auch durch die schwarz-rote Landesregierung gut unterstützt. Der saarländische Kulturminister Ulrich Commerçon (SPD) hat die Patenschaft für den besten mittellangen Film übernommen.
Von den Querelen in der Zeit, bevor sie die Leitung übernahm, hatte Böttger nach eigenen Bekunden nur wenig mitbekommen. Nach dem 37. MOP waren die langjährige Festivalleiterin Gabriella Bandel und die Stadt im Streit geschieden. Filmschaffende wie der Alt-Regisseur Hans W. Geißendörfer (»Lindenstraße«) hatten die Befürchtung geäußert, die Strahlkraft des Festivals über die Landesgrenzen hinaus könne verloren gehen.
Die Befürchtung hat sich bisher offenbar nicht bewahrheitet. Und Böttger blickt da auch lieber nach vorne. Sie will erst einmal die von ihr vor einem Jahr eingeführten neuen Strukturen etablieren. Dafür benötige es Zeit. Die Handschrift eines Regisseurs werde ja auch nicht gleich in seinem ersten Film sichtbar. »Man bewertet die ja auch erst nach dem zweiten oder dritten Film.«
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.