Urberliner Horst Selbiger wird 90
Am kommenden Donnerstag ist der Auschwitz-Überlebende Horst Selbiger anlässlich seines 90. Geburtstags im Jüdischen Museum Berlin zu Gast. Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Petra Pau (Linkspartei), wird als enge Vertraute Selbigers das Grußwort sprechen. Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, führt in das Zeitzeugengespräch ein.
Selbiger, am 10. Januar 1928 in einer Berliner jüdischen Familie geboren, erlebte die NS-Ausgrenzung in der deutschen Hauptstadt als Schulkind und war als Zehnjähriger Augenzeuge der Ausschreitungen am 9./10. November 1938. Nach der Schließung der jüdischen Schulen im Sommer 1942 musste er in einem Rüstungszulieferbetrieb Zwangsarbeit leisten. Er gehörte zu den jüdischen Arbeitern, die im Februar 1943 im Rahmen der sogenannten »Fabrikaktion« in den Betrieben von der Gestapo verhaftet und später nach Auschwitz deportiert wurden.
In der DDR holte Selbiger das Abitur nach, wurde Pressereferent im Nationalrat der Nationalen Front, Dachorganisation aller Parteien der DDR, und einer der jüngsten Abgeordneten der Volkskammer. Wegen Kritik an der Parteiführung wurde er nach dem 17. Juni 1953 aus der SED ausgeschlossen. Nach Berufsverbot als Journalist musste er als Laborwäscher in der Charité arbeiten. Nebenher begann er zu schreiben und veröffentlichte sein erstes Buch über Gustav Adolph Schlöffel, einen Protagonisten der 1848er Revolution. 1956 rehabilitiert, arbeitete er als Leiter der Kulturabteilung an der Humboldt-Universität und publizierte zur Geschichte der Arbeiterbewegung sowie zum Widerstand gegen Hitler. Später arbeitete er als freier Dokumentarfilmredakteur für den Deutschen Fernsehfunk. Eine Dienstreise für das »Neue Deutschland« zum Auschwitz-Prozess in Frankfurt am Main 1964 nutzte er zur Flucht zu seinen Eltern nach West-Berlin. nd
11. Januar, 19 Uhr, Jüdisches Museum, Lindenstraße 9-14, Kreuzberg.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.