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Umkämpftes Saatgut
Mosambiks Kleinbauern müssen gegen die Interessen der Agrarmultis verteidigt werden
In Mosambik leben gut 80 Prozent der Bevölkerung von der Landwirtschaft, die meisten von ihnen sind Kleinbäuerinnen oder Kleinbauern. Sie produzieren das, was sie selbst brauchen. Immer noch sind viele Menschen akut von Hunger bedroht: Rund 1,5 Millionen haben nicht genug zu essen, Dürren und Überschwemmungen gefährden die Ernte. Doch an der Frage, wie man den Hunger am besten bekämpfen kann, scheiden sich die Geister: Kleinbauernorganisationen wie die UNAC setzen auf eine Stärkung der Bauern und Bäuerinnen. Die deutsche Entwicklungsorganisation INKOTA unterstützt UNAC dabei. »Die Bauern sind diejenigen, die die Nahrungsmittel produzieren. Sie müssen unterstützt und in sie muss investiert werden. Ihre Stimme muss Gehör finden«, fordert Luis Muchanga, Geschäftsführer der UNAC.
Auf der anderen Seite stehen internationale Großprojekte, die auf eine industrialisierte Landwirtschaft setzen. Programme wie die Neue Allianz für Ernährungssicherheit der G7-Staaten oder der Ausbau sogenannter »Entwicklungskorridore« locken mit ausländischen Investitionen und dem Versprechen, Arbeitsplätze zu schaffen. In die gleiche Richtung weisen auch Mega-Projekte wie das kontrovers diskutierte ProSavana-Vorhaben.
Seit 2009 wird in Mosambik um ProSavana gestritten. Im Norden Mosambiks sollte es auf einer Fläche von mehreren Millionen Hektar umgesetzt werden und die mosambikanische Landwirtschaft international marktfähig machen. Damit einher ging die Sorge der Bauern vor Landverlusten und Eingriffen in die Ernährungssouveränität. Zahlreiche Proteste von zivilgesellschaftlichen Organisationen führten dazu, dass das Projekt zunächst auf Eis gelegt wurde. Eine der federführenden Organisationen bei den Protesten gegen ProSavana war die UNAC. Mit ihrer Kampagne »Não a ProSavana« (Nein zu ProSavana) hat sie auch international viel Gehör gefunden und eine Überarbeitung des Projekts erwirkt.
Eine Zeit lang war es um ProSavana ruhig, doch nun ist wieder Bewegung in das Vorhaben gekommen. Im Rahmen eines Staatsbesuchs in Japan im März 2017 haben die Regierungen Mosambiks und Japans beschlossen, das Projekt zu reaktivieren. UNAC steht ProSavana nach wie vor sehr kritisch gegenüber und sieht die Landrechte und Mitbestimmungsrechte der Kleinbauern in Gefahr.
Im Fokus vieler Großprojekte und -programme steht das Thema Saatgut. So hat sich Mosambik in seinem Kooperationsabkommen im Rahmen der Neuen Allianz verpflichtet, seine Saatgutgesetzgebung neu zu strukturieren, um die Produktion und Verteilung von Hybridsaatgut zu fördern. Ebenso soll die freie Verteilung von nicht zertifiziertem Saatgut stark eingeschränkt oder sogar verboten werden. Außerdem wurden die Gentechnikgesetze gelockert: Bis vor einigen Jahren waren der Import und die Nutzung von gentechnisch verändertem Saatgut in Mosambik verboten. In den vergangenen Jahren wurden aber Anpassungen vorgenommen, so dass gentechnisch verändertes Saatgut nun zu Testzwecken eingeführt werden darf. Von dieser veränderten Gesetzeslage profitieren globale Player wie Monsanto, denn Mosambik ist eines von fünf afrikanischen Ländern, in denen der umstrittene Saatgutkonzern mit gentechnisch verändertem Mais experimentiert. Das Programm WEMA (Water Efficient Maize for Africa) wurde bereits 2008 mit Hilfe der Bill & Melinda Gates-Stiftung angestoßen. WEMA wirbt damit, dass es Kleinbauern hitze- und trockenheitsbeständigen Mais zur Verfügung stellt.
Der Bauernverband UNAC und andere zivilgesellschaftliche Organisationen fürchten jedoch, dass WEMA die Ernährungssouveränität der Menschen bedroht und vor allem dem Markteintritt von Saatgutherstellern wie Monsanto dient. Hinzu kommt, dass bestimmte gentechnisch veränderte Sorten in das Zuchtprogramm von WEMA eingespeist wurden, die bei vorherigen Versuchen in Südafrika große Resistenzprobleme aufwiesen. Dennoch werden sie in WEMA weiter verwendet.
Nichtregierungsorganisationen und Interessenvertreter der Kleinbauern wie UNAC wurden nicht in die Diskussionen um WEMA oder eine Änderung der Gentechnikgesetze eingebunden. Die Verantwortlichen für WEMA machen sich rar: Eine geplante Präsentation des WEMA-Programms auf einer UNAC-Konferenz zum Thema Saatgut im Oktober 2017 wurde in letzter Minute abgesagt. So fällt es vielen Bauern schwer, einen Nutzen im Einsatz genmanipulierter Sorten zu erkennen. »Die Änderung der Gentechnikgesetze stellt einen massiven Angriff auf die mosambikanischen Bauern dar«, erklärt Luis Muchanga. Damit würden die Interessen internationaler Geldgeber bedient. Für die Bauern ist der Einsatz von genverändertem Saatgut nicht nachhaltig, denn damit einher geht ein ganzes Technologiepaket aus Pestiziden und Düngemitteln, das die Bauern teuer erstehen müssen. UNAC setzt daher auf eine andere Strategie. Der Verband schult Bauern in der Vervielfältigung von lokalem, klimaangepasstem Saatgut. »Wir haben Pilotprojekte im ganzen Land, und unser Ziel ist es, Wissen über Saatgut und lokale Sorten in ganz Mosambik zu verbreiten und Saatgutbanken zu etablieren«, erläutert Bartolomeu Antonio, Programmleiter der UNAC. Außerdem setzt sich UNAC für eine Zertifizierung von lokalem Saatgut ein, was den Handel mit diesen Sorten vereinfachen würde.
Wie wichtig es ist, nicht nur für den Exportmarkt zu produzieren, sondern die eigene Ernährungssouveränität im Blick zu behalten, zeigt sich auch am Beispiel der Straucherbsen. Im Juli 2016 haben Mosambik und Indien ein Abkommen über den Export von mosambikanischen Straucherbsen abgeschlossen, denn die Nachfrage nach der Hülsenfrucht in Indien ist groß: Unter dem Namen Dal ist sie ein Hauptbestandteil der indischen Küche. 375 000 Tonnen wollte Mosambik bis 2019 nach Indien exportieren. Zahlreiche Bauern setzten daher auf den Anbau der Straucherbse - um dann bitter enttäuscht zu werden. Heute, nur knapp eineinhalb Jahre später, will Indien die Einfuhr bereits wieder beschränken und Quoten einführen. Ein Grund dafür ist der Schutz der heimischen Märkte - die Bauern in Indien haben selbst eine Rekordernte eingefahren und fürchten einen Preisverfall ihrer Produktion durch mosambikanische Importe. Aber auch den mosambikanischen Bauern fehlt nun der Markt: Rund 300 000 Tonnen Straucherbsen wurden im Norden des Landes geerntet und drohen zu verrotten. Ana Maria Canda, eine Bäuerin aus der nördlichen Provinz Niassa und UNAC-Mitglied, erzählt, was das für sie bedeutet: »Unsere Ernte war gut, wir haben viel produziert. Aber jetzt haben wir niemanden, der sie uns abkauft! Und die Preise sind auch gesunken. Vergangenes Jahr haben wir noch 60 mosambikanische Meticals - rund einen Dollar - pro Kilo bekommen, heute sind es nur noch zehn Meticais.« Die mosambikanische Regierung will eine Einigung mit Indien erreichen. Die Forderungen von UNAC gehen darüber hinaus, wie Bartolomeu Antonio bekräftigt: »Verlässliche Absatzmärkte, die Schaffung von Weiterverarbeitungsmöglichkeiten und von landwirtschaftlicher Infrastruktur wie Lagermöglichkeiten für die Ernte - das sind wichtige Ziele der UNAC, für die wir weiter kämpfen werden.«
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