Große Pläne für Leipzig-Grünau

In jüngster Zeit ist die Bevölkerung des Stadtteils wieder deutlich angewachsen - er soll nun noch attraktiver werden

  • Heidrun Böger, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.

Vorbei die Zeiten des Abrisses von Tausenden von Wohnungen. Es wird wieder gebaut in Leipzig-Grünau, vor allem von den Wohnungsgenossenschaften. Sie schaffen Wohnraum gezielt für ältere Menschen, die zu Hause wohnen bleiben möchten - mit einem entsprechenden (Pflege-)Service, für den viele Senioren gern extra bezahlen. Viele dieser älteren Menschen ziehen innerhalb des Stadtteils in diese Neubauten um.

»Generell ist es so, dass hier viele ältere Leute wohnen, aber auch viele jüngere. Die dazwischen fehlen etwas«, erläutert Stefan Geiss, Abteilungsleiter des Leipziger Amtes für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung. Nach der Wende zogen viele Doppelverdiener-Haushalte mit Kindern weg aus Grünau, die Älteren blieben. Lebten im Jahre 1989 noch 85 000 Menschen hier, waren es 2011 nur noch 40 000.

Doch dann zogen Jüngere, angelockt von den niedrigen Mieten und dem hohen Wohnungsleerstand von 15 Prozent, nach Grünau. Hinzu kamen Flüchtlingsfamilien. Im Jahre 2016 gab es knapp 44 000 Einwohner, Tendenz - voraussichtlich - leicht steigend. Grünau profitiert von der Tatsache, dass Leipzig generell einen hohen Bevölkerungszuwachs hat.

Aus städteplanerischer Sicht ist eine soziale Durchmischung wichtig. Stefan Geiss: »Wir können uns staatlich geförderten Wohnungsbau vorstellen und die Ausweisung von Standorten für Eigenheime und Reihenhäuser. Der Platz ist da.« Grünau verfügt über etwa 55 Hektar Flächenreserven, unter anderem durch den früheren großflächigen Abriss.

Auch bisher hat man schon investiert: 55 Millionen Euro an Städtebaufördermitteln wurden seit 1990 in Grünau eingesetzt. Damit entstanden zum Beispiel neue Sport- und Freizeitangebote. Insgesamt, so sieht es das Konzept zur Entwicklung von Grünau bis zum Jahr 2030 vor, soll der Stadtteil weiter an Attraktivität gewinnen.

Schon immer waren das ruhige und grüne Umfeld, die guten Einkaufsmöglichkeiten und die Verkehrsanbindung ein Plus. Skatehalle, Theatrium und einen Kolonnaden-Garten gibt es schon. Geld steckt die Stadt in Kindergärten und Schulen, die saniert beziehungsweise neu gebaut werden. Es gibt Schulgebäude aus den Siebzigern in inzwischen erbärmlichem Zustand. Mehr Sportplätze, Jugendklubs und Schulsozialarbeit soll es geben. Zwei vorhandene Jugendklubs werden saniert, genauso wie ein Mütter- und ein Familienzentrum. In den neuen Bildungscampus an der Plovdiver Straße mit Oberschule, Gymnasium und Förderschule steckt die Stadt in den nächsten zwei bis drei Jahren über 40 Millionen Euro. An der Kotsche, so heißt eine Straße in Grünau, wird ein Schulstandort reaktiviert. Stefan Geiss: »Grünau braucht zwei bis drei neue Grundschulen.« Im Stadtteil wohnen viele Kinder aus sogenannten bildungsfernen Familien und aus solchen mit Migrationshintergrund. Der Anteil letzterer liegt in den Grundschulen teilweise bei 40 Prozent, mitsamt entsprechender Sprachdefizite. Generell ist der Anteil von Menschen, die Sozialleistungen beziehen, in Leipzig-Grünau relativ hoch. Für sie soll es mehr Angebote geben. Seit sechs Jahren existiert bereits ein sogenannter Arbeitsladen in der Stuttgarter Allee. Hier gibt es niederschwellig Informationen zur Beschäftigungs- und Wirtschaftsförderung. Die Ansiedlung von Gewerbe, etwa von Existenzgründern, in leer stehenden Häusern könnte eine Chance sein.

Geplant ist seit Langem ein Bildungs- und Bürgerzentrum mit großer Bibliothek und Angeboten der Volkshochschule. »Uns schwebt ein soziales Zentrum mit attraktiven Angeboten für Kultur und Freizeit vor, mit freiem Internetzugang«, erklärt Geiss. Das wäre ein Leuchtturm für den Stadtteil, allerdings ist so ein Zentrum schon seit Längerem immer nur in der Planung.

Nicht alles ist positiv. Es gab beziehungsweise gibt Jugendbanden in Grünau, die Bevölkerung und Ladenbetreiber terrorisieren. Die Polizei geht dagegen vor. Die Arbeitslosenquote in Grünau ist mit zwölf Prozent doppelt so hoch wie in der Gesamtstadt. 20 Prozent der Jugendlichen schaffen hier keinen Schulabschluss. Es gibt Sucht- und andere Probleme, die mit der speziellen Bevölkerungsstruktur im Stadtteil zu tun haben. Mit dem neuen Stadtteilentwicklungskonzept bis 2030 will man eingreifen und einen Weg zeigen. Im Januar oder Februar 2018 könnte es dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorliegen.

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