Wenn der Staat spät hinschaut

Robert D. Meyer zweifelt, ob die Zahl der Reichsbürger stark gewachsen ist

  • Lesedauer: 2 Min.

Binnen Jahresfrist sei die Zahl der Reichsbürger um gut die Hälfte gestiegen, meldete der stets um Fakten bemühte »Focus« am Freitag mit Verweis auf die Verfassungsschutzämter der Länder. Respekt! Damit verfügen die 16 Behörden von München bis Kiel nun über fast genau jenen Sachstand, den das Bundesamt bereits im September 2017 besaß. Da sage noch jemand, die Geheimdienste arbeiteten nicht unter Hochdruck für unser aller Wohl.

Mit der Geschwindigkeit und Sorgfalt ist es so eine Sache: Natürlich ist denkbar, dass die Szene, die nicht an die Existenz der Bundesrepublik glaubt, Zulauf erhält. Vor ihrer chronischen Waffenverliebtheit zu warnen, kann ebenfalls nicht schaden. Nur ob das alles wirklich so neu ist, wie die Geheimdienste behaupten, daran gibt es Zweifel. Tatsächlich musste im Oktober 2016 erst ein Reichsbürger in Georgensgmünd einen Polizisten erschießen, damit die Behörden jene in den Fokus nahmen, die keinen Hehl aus ihrer Verachtung für die Demokratie machen. In Bayern gibt der Geheimdienst sogar zu, dass die tödlichen Schüsse erst der Anlass waren, die gesamte Reichsbürgerbewegung unter Beobachtung zu stellen.

Soll heißen: Wer bisher nicht genau hinschaute, konnte bei einer Szene, die aus vielen Einzelpersonen und Gruppierungen besteht, auch nicht wirklich den Überblick haben. Die eigentliche Nachricht muss also lauten: Der Staat schaute viel zu spät hin.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.