Österreich steht gegen den Rechtsruck auf

Beim »Neujahrsempfang« für Österreichs neue Regierung demonstrieren bis zu 70 000 Menschen / Protest für eine solidarische Asyl- und Sozialpolitik

  • Michael Bonvalot, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.

Es war ein kräftiges Zeichen des Widerstands gegen die neue österreichische Bundesregierung: Zehntausende Menschen protestierten am Samstag in Wien unter dem Motto »Nein zu Schwarz Blau! Gegen Rassismus, Sozialabbau und Rechtsextremismus!« Trotz Regens waren nach Angaben der Veranstalter bis zu 70.000 Menschen auf der Straße. Die Polizei sprach von 20.000 Teilnehmern, diese Schätzung sei allerdings »äußerst vage«.

Vor allem die geplanten Maßnahmen zum Sozialabbau der neuen Rechtsregierung aus Österreichischer Volkspartei (ÖVP) und Freiheitlicher Partei Österreichs (FPÖ) waren bestimmendes Thema der Proteste. Nach deutschem Vorbild soll in Österreich eine Form von Hartz IV eingeführt werden. Bisher konnten arbeitslose Menschen unter gewissen Auflagen zeitlich unbeschränkt eine sogenannte Notstandshilfe beziehen.

Nun soll auf die Ersparnisse dieser oft älteren Arbeitslosen zurückgegriffen werden. Ebenfalls eingeführt werden soll ein Regelarbeitstag von zwölf Stunden. Die Aussagen der Regierung sind allerdings unklar und ändern sich teils täglich. Insbesondere die FPÖ gerät dadurch unter Druck: Parteichef Heinz-Christian Strache muss auf Facebook inzwischen regelmäßig die Basis beruhigen.

Bei der Abschlusskundgebung des »Neujahrsempfangs für Schwarz-Blau«, wie die Demo offiziell genannt wurde, kritisierte Gewerkschafter Axel Magnus: »Die Superreichen haben den Wahlkampf der rechten Parteien finanziert. Jetzt wollen sie ihre Belohnung.« Für ihn sind die Maßnahmen von ÖVP und FPÖ »ein Angriff auf die gesamte ArbeiterInnenklasse«. Doch, so Magnus: »Wir sollten nie vergessen: wir sind viele, sie ganz wenige.«

Ebenfalls für Aufregung sorgte im Vorfeld der Demo eine Aussage des neuen FPÖ-Innenministers Herbert Kickl. Am Donnerstag erklärte er sein Ziel, geflüchtete Menschen in Lagern »konzentriert an einem Ort zu halten«. Zahlreiche Transparente auf der Demonstration nahmen auf diese Drohung Bezug.

Auch Frauenrechte werden von Schwarz-Blau ins Visier genommen. Brigitte Hornyik von der »Plattform 20.000 Frauen« sprach von einer möglichen »Beschneidung hart erkämpfter Frauenrechte«, etwa dem Recht auf Abtreibung. In ihrer Rede bei der Auftaktkundgebung kündigte sie Widerstand gegen einen »anti-feministischen Backslash« an. »Wir Feministinnen werden uns nicht auf ein reaktionäres Frauenbild zurückstutzen lassen«, so Hornyik gegenüber »nd«.

Aufgerufen zum »Neujahrsempfang« hatten drei linke Bündnisse. Die »Offensive gegen Rechts« versammelt links-sozialdemokratische, kommunistische und trotzkistische Organisationen. Die »Plattform für eine menschliche Asylpolitik« organisiert linke Gruppen und NGOs, die »Plattform Radikale Linke« schließlich große Teile des autonomen Spektrums.

Am Tag vor der Demo schlossen sich auch Wiens Sozialdemokraten und Grüne dem Aufruf zum Protest an. Die Gewerkschaften hingegen beteiligten sich offiziell nicht an der Demonstration. Dennoch gab es einen starken Block von »GewerkschafterInnen gegen Rassismus und Sozialabbau«.

Christoph Altenburger, Sprecher der »Offensive gegen Rechts«, zeigte sich gegenüber »nd« vom Erfolg der Demonstration beeindruckt. »Ursprünglich hatten wir mit rund 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gerechnet«, so Altenburger. Dass dann schließlich mehrere zehntausend Menschen auf der Straße waren, zeigt für ihn »die Wut und die Bereitschaft zum Widerstand«. Und er kündigt an: »Ab heute bauen wir eine Bewegung gegen Schwarz-Blau und für Solidarität auf. Ab heute gibt es Hoffnung.«

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