- Kommentare
- Journalisten in türkischer Haft
Zwei von 150
Mehmet Altan und Sahin Alpay sollten schon frei sein
Knapp 150 Journalisten und Journalistinnen sitzen in der Türkei in Haft. Zwei von ihnen - Mehmet Altan und Şahin Alpay - sorgen dieser Tage für Aufregung. Denn das Verfassungsgericht hat am vergangenen Donnerstag entschieden, dass die beiden aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen. Daraufhin tobte die AKP-Regierung und die Istanbuler Strafgerichte, die für die Fälle verantwortlich zeichnen, weigern sich, die Anweisung des Verfassungsgerichts umzusetzen.
Der 74-jährige Şahin Alpay schrieb in den 1980er Jahren für die »Cumhuriyet« - damals noch das Zentralorgan der Kemalisten. Später war er für die auflagenstarken Blätter »Sabah«, »Milliyet« und die Gülen-nahe »Zaman« sowie für »CNN Türk« tätig. »Zaman« gibt es heute nicht mehr, sie wurde geschlossen. »Sabah« und »Milliyet« hofieren die AKP-Regierung, einzig die »Cumhuriyet« ist regierungskritisch eingestellt - und wird dafür verfolgt.
Alpay selbst wurde am 27. Juli 2016 - wenige Tage nach dem gescheiterten Putschversuch - verhaftet und sitzt seither im heutigen intellektuellen Zentrum des Landes: der Strafvollzugsanstalt Silivri bei Istanbul. Ärger mit dem Erdoğan-Regime hatte er schon im Jahr 2015: Damals verlangte der Präsident persönlich, Alpay, der seit 2001 auch als Politologie-Professor an der Istanbuler Bahçeşehir-Universität war, zu entlassen, weil dieser ihn kritisiert hatte.
Sein Kollege, der 65-jährige Mehmet Altan war als Professor für Ökonomie in Istanbul sowie als Buchautor und Journalist tätig, unter anderem für »Cumhuriyet« und »Hürriyet«. Altans Bruder Ahmet ist ebenfalls eine bekannte Größe, er war - anders als Mehmet - Vollzeitjournalist, beide wurden am 10. September 2016 festgenommen. Die Verhaftung der »Altan-Brüder« sorgte für einen internationalen Aufschrei, ein Protestbrief wurde unter anderem von Orhan Pamuk, Günter Wallraff und Herta Müller unterzeichnet. Der Türkeikorrespondent der »Frankfurter Rundschau«, Frank Nordhausen, schrieb über die Festnahme der Brüder: »Es ist, als wären in Deutschland Heribert Prantl und Peter Sloterdijk verhaftet worden.«
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.