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Mehr Sanktionen gegen Arbeitslose verhängt
Wohlfahrtsverband fordert Abschaffung der Strafmaßnahmen / Fast 40 Prozent der Klagen gegen Bescheide teilweise oder vollständig erfolgreich
Berlin. Die Zahl der Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher ist in den ersten neun Monaten 2017 leicht auf 718.803 gestiegen. Das waren 14.410 oder zwei Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, wie die »Bild«-Zeitung (Mittwoch) unter Berufung auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) berichtete. Im September sei ihre Zahl so stark gestiegen wie noch in keinem Monat zuvor seit Einführung von Hartz IV – und zwar um 30,3 Prozent auf 91.590 Strafen.
Hartz-Empfänger werden etwa wegen der Verweigerung eines Jobangebots, des Verschweigens von zusätzlichem Einkommen oder der Ablehnung einer Fortbildung sanktioniert.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte einen generellen Verzicht auf Hartz-IV-Sanktionen, die Arbeitsämter und Jobcenter aussprechen. »Sanktionen stürzen viele Menschen in existenzielle Not und Bedrängung – das kann zu Obdachlosigkeit führen«, sagte die Arbeitsmarktreferentin Tina Hofmann dem MDR-Magazin »Exakt«. »Das darf sich der Sozialstaat nicht leisten.«
Die Bundesagentur für Arbeit führte die starke Zunahme auf das Ende der Sommerpause im September zurück, hieß es. Auch viele Hartz-IV-Empfänger hätten in der Ferienzeit einen Teil des ihnen zustehenden Urlaubs genommen. Sie erhalten bis zu 21 Tage weiter Leistungen, auch wenn sie dem Arbeitsmarkt dann nicht zur Verfügung stehen. Möglicherweise hätten viele jedoch vergessen, sich wieder pünktlich beim zuständigen Jobcenter zurückzumelden.
Laut dem Bericht wurden den Betroffenen die Leistungen im Schnitt um 108 Euro gekürzt. 7342 Hartz-Empfänger erhielten demnach gar keine Geldleistungen mehr, weil gegen sie mehrere Sanktionen gleichzeitig verhängt wurden.
Der Wohlfahrtsverband erklärte, der Missbrauch sei überschaubar. »Es wird in jedem Sozialleistungssystem einen ganz, ganz kleinen Prozentsatz geben, von etwa fünf Prozent, die sich die Leistung erschleichen, die die Leistung missbrauchen werden. Die gibt es im Rentensystem, in anderen sozialen Systemen, das gibt es auch im Wirtschaftsleben und überall.« Das könne man hinnehmen.
Als Reaktion auf die vorgelegten Zahlen erinnerte die LINKEN-Vorsitzende Katja Kipping daran, dass 35,74 Prozent aller Widersprüche sowie 39,98 Prozent der Klagen gegen Entscheidungen des Jobcenters teilweise oder vollständig zugunsten der Betroffenen ausfielen. »Das ist wie schon 2016 ein erfreulich hoher Anteil und zeigt: Es lohnt sich, den Rechtsweg einzuschlagen«, so Kipping. Diese hohe Fehleranfälligkeit sei ein Grund mehr, Hartz IV abzuschaffen. Agenturen/nd
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