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Land des Joghurts und der Korruption
Bulgarien als diesjähriges Partnerland der Grünen Woche bekommt Vetternwirtschaft nicht in den Griff
Zumindest über einen Mangel an Aufmerksamkeit kann der oft nur beiläufig wahrgenommene Balkanstaat derzeit nicht klagen. Nach der EU-Ratspräsidentschaft übernimmt Bulgarien in dieser Woche auch den Part des Partnerlands der 83. Internationalen Grünen Woche in Berlin. Besucher der Agrarmesse können sich nicht nur auf feine Weine und Köstlichkeiten aus dem Land des Schopska-Salats, des Joghurts und der schmackhaften Auberginengerichte freuen. Unter dem Motto »Aroma der Sonne« verheißen die bulgarischen Gastgeber ein »Erlebnis für alle Sinne« mit »authentischen« Lebensmitteln.
Weizen, Paprika, Tomaten, Auberginen und Molkereiprodukte machen den Löwenanteil der Agrarexporte aus. Neben Elektronik- und Chemieerzeugnissen zählen Nahrungsmittel zu den wichtigsten Ausfuhrgütern des sonnenverwöhnten Schwarzmeerstaats.
Als einer der weltweit größten Hersteller von Rosenöl und als Ziel von Billig- und Ballermanntouristen ist der Balkanstaat vor allem bekannt. Aber nicht nur mit einer der schnellsten Internetverbindungen des Kontinents weiß Bulgarien dank seines sich rasch entwickelnden IT-Sektors zu punkten: Seit Jahren weist das Land sehr solide Wirtschaftsdaten auf. Das Wirtschaftswachstum von 3,9 Prozent ist mit einer Arbeitslosenrate von nur sechs Prozent, einem Haushaltsüberschuss und einer Staatsverschuldung gepaart, die mit 26,8 Prozent klar unter dem Maastricht-Kriterium zur Einführung des Euro liegt. »Wir haben unsere Hausaufgaben für die Eurozone gemacht«, versichert Dauerpremier Bojko Borissow.
Noch während der EU-Präsidentschaft will das ärmste EU-Mitglied den Antrag auf Aufnahme in die Eurozone stellen. Doch bis der Euro den Lew einmal als nationale Währung ablösen wird, dürfte noch viel Schwarzmeerwasser an den Gold- und Sonnenstrand schlagen. Einige EU-Partner stehen einem raschen Beitritt Bulgariens in die Eurozone eher reserviert gegenüber. Denn von einer echten Angleichung an deren Wirtschaftsraum kann angesichts des geringen Lebensstandards kaum die Rede sein. Selbst kaufkraftbereinigt weist Bulgariens Sozialprodukt weniger als die Hälfte des Mittels der 19 Mitgliedsstaaten der Eurozone auf.
Der durchschnittliche Bruttolohn ist mittlerweile zwar auf 530 Euro im Monat geklettert. Doch nicht nur die Beschäftigten in der Landwirtschaft müssen oft mit dem Mindestlohn von 261 Euro über die Runden kommen. Gerade einmal 340 Euro beträgt das Salär der Polizisten. Auslandsinvestoren pflegen das niedrige Lohnniveau zwar zu preisen. Die kärglichen Löhne beschleunigen aber auch den Exodus junger Bulgaren ins Ausland. Bei der jüngsten Konjunkturumfrage der Deutsch-Bulgarischen Handelskammer in Sofia klagten bereits 59 Prozent der befragten Unternehmen über den Mangel an geeigneten Fachkräften.
Trotz der Kritik an der mangelnden Rechtssicherheit, der undurchsichtigen Vergabe öffentlicher Aufträge und der ineffektiven Verwaltung würden 90 Prozent der Befragten wieder in Bulgarien investieren. Doch das größte Entwicklungshemmnis bleibt die Korruption: Laut einer Studie des Europaparlaments kostet die Vetternwirtschaft das Land jährlich fast 15 Prozent seines Sozialprodukts.
90 Prozent der befragten Unternehmer sind mit der Bekämpfung von Korruption und Kriminalität unzufrieden. Korruption gebe es »anderswo auch«, müht sich derweil Premier Borissow die karge Erfolgsbilanz bei der Bekämpfung der Vetternwirtschaft herunterzuspielen. Doch auch im Korruptionsindex von Transparency International schneidet Bulgarien unter den 28 EU-Mitgliedern am schlechtesten ab: Unter 176 Staaten dümpelt der neue EU-Ratsherr auf dem 75. Rang - knapp vor Belarus, aber hinter Burkina Faso.
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