Gemeinsam für mehr Gerechtigkeit
Bildungsrauschen
Um alle Kinder nach ihren Möglichkeiten zu fördern, brauche es in der Bildung eine »gemeinsame gesellschaftliche Anstrengung«, so der Erziehungswissenschaftler Hans Brügelmann (hans-bruegelmann.com). Unter dem Titel »Bildungsgerechtigkeit: Die Zeit drängt!« initiierte er Ende 2017 auf change.org eine Petition zur Einrichtung eines von Schule, Erziehungswissenschaft, Verwaltung, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik getragenen »unabhängigen Bildungsrats«. Dieser solle »Leitlinien und konsensfähige Reformvorschläge« für ein zukunftsfestes Bildungssystem erarbeiten.
Brügelmann sieht in vielen Bereichen Handlungsbedarf: in kostenloser frühkindlicher Bildung durch qualifizierte Pädagogen, in der Professionalisierung individuellen Lernens und heterogener Lerngemeinschaften durch Verzahnung der Lehreraus- und -fortbildung, in der staatlichen Kontrolle und Evaluation bestmöglicher Standards, der Inklusion als Aufgabe aller Schulen, der Steuerung von »Schülerströmen« zur Vermeidung von »Ghettobildung« und in der Sicherstellung von Berufsausbildungen und Arbeitsplätzen für alle Jugendlichen. Die Probleme, die Bildungsarmut forcieren und damit zur Aushöhlung der Demokratie führen, skizziert Brügelmann auf bildungsrat-fuer-bildungsgerechtigkeit.de. Dazu zählt u.a. die durch das Spardiktat halbherzige Umsetzung der Inklusion.
Inzwischen zählt die Petition über 3000 Unterzeichner, darunter auch Hamburgs ehemalige Bildungssenatorin Christa Goetsch (Grüne) deren Plan einer längeren Grundschulzeit am Aufstand Wohlbetuchter scheiterte. Goetsch zitiert die liberale Politikerin Hildegard Hamm-Brücher (1921-2016): »Wie kaum ein Land leistet sich Deutschland immer noch ein Schulsystem, das auf der unterschiedlichen Verteilung von Chancen und Rechten basiert, das durch frühes Sortieren Talente verloren gehen lässt und das zutiefst sozial ungerecht ist.«
Der Schulreformer Klaus Hurrelmann begründet seine Unterschrift mit der immer noch bestehenden Chancenungleichheit. Er plädiert für eine »gründliche Überarbeitung« bestehender Konzepte zur Förderung benachteiligter Kinder. Dies sollte eine der Aufgaben des Bildungsrats sein, da er durch »seine Autorität als neutrales und unabhängiges Beratergremium« dem Bund und den Ländern »konkrete Empfehlungen« geben könne.
Auch Institutionen wie der Grundschulverband und der Verband der Schulen des Gemeinsamen Lernens GGG, die sich seit jeher für das gemeinsame Lernen bis Klasse 10 einsetzen, tragen den Aufruf mit. Zu den Unterstützern zählt weiterhin die Interessenvertretung von Gemeinschaftsschulen an prekären Standorten, »Schulen am Wind«, und der Regionalelternbeirat in Trier.
Zur Freude der Unterzeichner wurde in den Sondierungsverhandlungen von CDU/CSU und SPD die Forderung nach einem nationalen Bildungsrat und die Absicht, eine »Investitionsoffensive für Schulen in Deutschland auf den Weg zu bringen«, aufgenommen (zeit.de). Lena Tietgen
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