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  • Nazi-Angriffe in Thessaloniki

Nationalisten brennen linkes Hausprojekt nieder

In Thessaloniki greifen Neonazis linke und antinationale Projekte an

  • Elisabeth Heinze, Thessaloniki
  • Lesedauer: 3 Min.

Hunderttausende beteiligten sich am Sonntag an einer Großkundgebung im nordgriechischen Thessaloniki, die sich gegen die Nutzung des Wortes Mazedonien durch die benachbarte ehemalige jugoslawische Teilrepublik richtete. Die nördliche Region Griechenlands trägt ebenfalls den Namen Mazedonien. Am Rande der patriotischen Versammlung fanden faschistisch motivierte Angriffe auf zwei besetzte Häuser statt. Vermummte verübten einen Brandanschlag auf die anarchistische Besetzung »Libertatia«. Wie Videos zeigen, schritt die anwesende Polizei nicht ein. Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude brannte völlig aus.

Am Freitag hatte Griechenland mit der »Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien« (»Former Yugoslav Republic of Macedonia«, FYROM) in New York erneut Verhandlungen im Namensstreit begonnen. Kritiker wie die rechte Politikerin Maria Kollias-Tsaroucha (ANEL) werfen FYROM vor, eine falsche Nationalidentität zu schaffen. Unter dem Motto »Mazedonien ist griechisch« versammelten sich am Nachmittag nach Schätzungen der Polizei etwa 90 000 Menschen aus ganz Griechenland an der Hafenpromenade in der Nähe des Weißen Turms. Gegner der nationalistischen Kundgebung hatten das Wahrzeichen in der Nacht zum Sonntag mit Parolen wie »Eingeschlafen als Patriot, aufgewacht als Faschist« besprüht. Außerdem organisierten anarchistische Gruppen eine Gegendemonstration, an der sich etwa 300 Personen beteiligten.

Die griechisch-orthodoxe Kirche, die viele der rund 400 angereisten Busse organisiert hatte, veranstaltete vor der Kundgebung einen Gottesdienst. Neben Vertretern der konservativen Opposition Nea Dimokratia und dem Koalitionspartner von Tsipras, der rechtspopulistischen ANEL, beteiligte sich ein großer Block mit ultrarechter Prominenz wie der ehemalige Generalstabschef der Griechischen Armee Frangos Frangoulis, der in einer Rede die Nachbarn als »Zigeuner von Skopje« ansprach. Starke Präsenz zeigte die neonazistische Partei Chrysi Avgi, die seit 2012 im Parlament vertreten ist, mit ihrem Parteisprecher Ilias Kasidiaris. Im Verlauf der Demonstration wurde am Sonntag Mittag das Denkmal der ermordeten Juden Thessalonikis am Platz der Freiheit (Platia Elefteria) mit »Chrysi Avgi« beschmiert.

Die parallel stattfindenden Angriffe auf zwei der nunmehr fünf besetzten Sozialen Zentren ist ein herber Schlag gegen die linke Infrastruktur der Stadt. Kurz vor dem Start der Kundgebung warfen Vermummte vor den Augen der untätigen MAT-Beamten - Spezialeinheit, die bei Demos zum Einsatz kommt - Steine gegen das »Soziale Zentrum Scholio« (Schule). Doch die im Gebäude Anwesenden konnten den Angriff erfolgreich abwehren. Wenig später wurde auch eine kleine Gegenkundgebung von etwa 150 Rechten angegriffen. Diesmal setzte die Polizei Tränengas ein, um ein Aufeinandertreffen der Gruppen zu verhindern.

Es war das dritte Mal, dass das »Libertatia« angegriffen wurde, heißt es aus Kreisen der Antifa: »Meist hatten die Angriffe um Mitternacht stattgefunden. Das ist diesmal wirklich ein militärisches Upgrade«, kommentiert ein Aktivist das Geschehen, der ungenannt bleiben möchte. Nach Abschluss der nationalistischen Kundgebung stattete eine Gruppe Vermummter dem besetzten Haus »Libertatia« einen Besuch ab. Es war das zweite Mal an diesem Sonntag. Beim ersten Besuch am Vormittag kam nur ein Teil der Fassade und des Zauns zu Schaden. Doch nachdem die Anarchisten zur Gegendemo gegangen waren, stand das Gebäude am späten Nachmittag leer. Etwa 60 bis 70 vermummte Faschisten warfen Molotowcocktails und Fackeln. Wieder waren die MAT-Einheiten und auch der Geheimdienst anwesend, aber untätig, so heißt es im Blog Libertatia. Nachbarn und die Feuerwehr konnte dem Brand nicht mehr beikommen. Auf ihrem Blog lässt Libertatia wissen: »Die faschistischen Attacken werden nicht unbeantwortet bleiben.« Am Abend sollte vor dem abgebrannten Haus eine Kundgebung stattfinden.

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