AfD erstellt »Feindesliste« zivilgesellschaftlicher Organisationen

Bündnis gegen Rechts warnt vor Einschüchterung demokratischer Initiativen durch AfD

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit, die Clubcommission, die Jugend- und Familienstiftung und die Arbeiterwohlfahrt: Sie alle tauchen neben rund 40 weiteren Organisationen in einer Schriftlichen Anfrage der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus auf. Die AfD fragt darin linke Vereine und Initiativen, Gewerkschaften, Parteien, Migrantenorganisationen und sogar Partyveranstalter ab. Vor allem will sie wissen, ob deren aktive, ehemalige oder spätere Mitglieder »linksextremistische Organisationen« unterstützen. Die Antwort auf die Anfrage vom Juli 2017 durch die Innenverwaltung fällt knapp aus: »Dem Senat liegen dazu keine Informationen vor.« Er erhebe im Übrigen keine Daten über Mitgliedschaften von Personen in Parteien, Vereinen und Ähnlichem.

Für das Berliner Bündnis gegen Rechts sind Anfragen wie diese eine Kampfansage an die Zivilgesellschaft. Die AfD »nutzt ihre parlamentarischen Mandate, um alle, die sie als politische Gegner auserkoren hat, einzuschüchtern und gegen sie vorzugehen«, heißt es in einer aktuellen Mitteilung. Die AfD versuche mit parlamentarischen Mitteln, Informationen über demokratische Initiativen zu erheben und erstelle eine »Feindesliste«.

Ronald Gläser, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, bestreitet das. »Wir hatten den Verdacht, dass mit dem Landesprogramm gegen Rechtsextremismus Steuergelder für linksradikale Propaganda verplempert werden«, sagt er. Deshalb wandte er sich mit weiteren rund 20 Anfragen an die Senatsverwaltung für Antidiskriminierung, die für das Landesprogramm zuständig ist. Dort fragte Gläser, wie viel Geld die einzelnen Organisationen erhalten, welche Kenntnisse über deren »Wirksamkeit« vorliegen und - wieder - welche Erkenntnisse es über deren Zusammenarbeit mit linksradikalen Organisationen gibt.

Einige dieser Projekte führen laut Gläser die Arbeit des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR fort, indem sie Personenprofile anlegen und Menschen öffentlich an den Pranger stellen, deren politische Ansichten ihnen »nicht in den Kram passen« - weil sie politisch rechts stehen. »Ich bin selber rechts«, sagt Gläser. »Und ich werde gezwungen, meine Bekämpfung selbst zu finanzieren.« Auch Programme gegen Rechtsextremismus sind seiner Ansicht nach überflüssig. »Für Leute, die Straftaten begehen, gibt es Polizei und Staatsanwalt. Für die Aufklärung über die Vergangenheit gibt es den Schulunterricht.« Da die Gelder des Landesprogramms mit dem neuen Haushalt im Januar neu vergeben wurden, will Gläser die Fragen nun noch einmal stellen.

Für die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin ist die »Diffamierung der demokratischen Zivilgesellschaft« zu einem Arbeitsschwerpunkt der AfD-Fraktionen sowohl im Abgeordnetenhaus als auch in den Bezirksverordnetenversammlungen geworden. Die AfD verfolge die Strategie, Projekte zur Stärkung der demokratischen Kultur zu bekämpfen. Der Begriff »Linksextremismus« werde »agitatorisch gegen die Errungenschaften der liberalen Demokratie, wie etwa die universell geltenden Menschenrechte, eingesetzt«. Die AfD unterstelle Zusammenhänge zwischen der Arbeit demokratischer Projekte und einer Reihe von Straftaten gegen AfD-Funktionsträger, ohne konkrete Beweise zu liefern. Demokratisches Engagement werde auf diese Weise »pauschal ins Unrecht gesetzt«.

Für Peter Smolinski, Sprecher des Bündnis gegen Rechts, ist klar: »Die Zivilgesellschaft steht unter Beschuss. Es kann jeden treffen, der nicht in das rechte und reaktionäre Weltbild der AfD passt. Wir werden uns weiterhin vehement für eine solidarische Stadt einsetzen.«

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