Ein Dank an Gott
Im Streit um den Umgang mit dem als sexistisch kritisierten Gedicht von Eugen Gomringer hat die Tochter des Schriftstellers das Werk verteidigt. »Ich habe ›avenidas‹ immer theologisch gelesen - als einen Dank an Gott«, sagte die Germanistin Nora Gomringer der »Berliner Zeitung « (Montag). Zugleich übte die 1980 geborene Autorin Kritik an der geplanten Übermalung des Gedichtes ihres Vaters.
Der Bezug zur Religion sei den Gedicht-Kritikerinnen aber wahrscheinlich »auch wieder lästig«, sagte Gomringer: »Mit einem Gott, dem Straßen, Blumen - und Frauen - ihre Existenz verdanken, wollen sie nichts zu tun haben. Ich glaube, der ganze Streit um das Gedicht ist letztlich eine gewalttätige Absage an die Religion, an die Existenz Gottes in der irdischen Wirklichkeit.« Vordergründig werde mit dem Streit um das Gedicht ein Geschlechterkampf ausgetragen. Nora Gomringer zufolge ist das Gedicht ihres Vaters dagegen »ein staunendes Betrachten, das Abstand hält - und ist eigentlich eine religiöse Kategorie«.
Das in die Kritik gerate Gedicht des bolivianisch-schweizerischen Künstlers »avenidas« ziert seit 2011 eine Außenmauer der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin. Studierende der Fachhochschule hatten wiederholt eingewandt, das Werk reproduziere eine »klassische patriarchale Kunsttradition, in der Frauen ausschließlich die schönen Musen sind, die männliche Künstler zu kreativen Taten inspirieren«. Zudem erinnerten die Verse »unangenehm an sexuelle Belästigung, der Frauen alltäglich ausgesetzt sind«. Der Senat der Hochschule beschloss daraufhin Ende Januar, das Gedicht übermalen zu lassen. dpa/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.