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ANC stellt Zuma Ultimatum
Südafrikas Regierungspartei beruft Staatspräsidenten ab
Gebannt harrten die Vertreter lokaler und internationaler Medien der Dinge, als Elias »Ace« Magashule, seit Dezember Generalsekretär des Afrikanischen National Kongress (ANC), am Dienstagnachmittag vor die Mikrofone im Johannesburger Luthuli House trat. Die Pressekonferenz im Hauptquartier der südafrikanischen Regierungspartei war einberufen worden, um das zu bestätigen, was seit den Morgenstunden bereits unter Berufung auf anonyme Parteifunktionäre durch die Gazetten geisterte: Das Nationale Exekutivkomitee (NEC) des ANC hat beschlossen, Staatschef Jacob Zuma abzuberufen. Doch die Sache hat einen Haken: Ein Ultimatum, bis wann dieser der Forderung nachzukommen hat, setzte das höchste Parteigremium dem Präsidenten nicht.
Zu den Nachfragen der Journalisten fiel Magashule entsprechend wenig ein. Ob es einen Zeitplan gebe? »Nein, aber das NEC hält die Angelegenheit für dringlich.« Ob der ANC bereit sei, Zuma im Parlament aus dem Amt zu wählen. »Über ein Misstrauensvotum haben wir nicht diskutiert.« Ob er glaube, dass durch den Schritt die Partei gespalten werde. »Ich weiß es nicht«. Immerhin: Er wisse, »dass der Präsident morgen eine Stellungnahme abgeben wird«, erklärte Magashule. Wenn den anonymen Parteiquellen, auf die sich die südafrikanischen Zeitungen beriefen, Glauben zu schenken ist, wird Zuma sich dann jedoch gegen seine Entmachtung wehren.
Nach der südafrikanischen Verfassung ist er dazu befugt, denn darin ist vorgesehen, dass ausschließlich das Parlament den Präsidenten schassen kann - per Misstrauensvotum oder Amtsenthebungsverfahren. Die Opposition hat eine solche Abstimmung auch bereits beantragt, bereits zum achten Mal seit Zuma 2009 ins Amt kam. Aktuell ist die Sitzung für den 22. Februar angesetzt, doch damit wollen sich Zumas Gegner nicht zufriedengeben. Sie drängen auf einen früheren Termin und wollen dafür notfalls auch vor Gericht ziehen.
Der ANC würde sich die Peinlichkeit einer öffentlichen Amtsenthebung gern ersparen, deshalb der Weg über die Abberufung unter Verweis auf das Parteistatut. Dieses definiert den Staatspräsidenten als Delegierten der Partei, der sich deren Entscheidungen zu beugen hat. Doch dabei hat der ANC die Rechnung offensichtlich ohne Zuma gemacht. Letzterer, so spekulieren die politischen Kommentatoren im Land, versucht noch immer, eine Amnestieregelung für sich zu erreichen, um nicht wegen schwerer Korruptionsvorwürfe vor Gericht zu landen. Die designierte Nachfolgeregierung unter dem neuen ANC-Präsidenten Cyril Ramaphosa kann dem scheidenden Staatschef aber nach geltendem südafrikanischen Recht keine Straffreiheit garantieren.
Durch den Disput ist die Partei tief gespalten. Das zeigt sich allein schon daran, dass das NEC in der Nacht zu Dienstag geschlagene 13 Stunden lang über Zumas Abberufung diskutierte. Problematisch ist vor allem, dass auch Mitglieder der neuen Parteiführung - Generalsekretär Magashule gehört zu den prominentesten - Teil von Zumas Korruptionsnetzwerk gewesen sein sollen. Der ANC, der laut der gestrigen Mitteilung »Ungewissheit und Besorgnis« ob der »ungelösten Frage der Transition« im Land ausgemacht hat, muss das Kapitel Zuma jedoch schleunigst hinter sich lassen, wenn er bei den kommenden Wahlen 2019 nicht erstmals seit dem Ende der Apartheid seine absolute Mehrheit einbüßen will. Das weiß der scheidende Präsident und versucht entsprechend, möglichst viel für sich selbst zu erreichen. Zumas Ende scheint dennoch sehr nah. Kommentar Seite 4
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