Teures Pflaster City-Lage

Um 40 Prozent sind die Grundstückspreise innerhalb des S-Bahnrings allein 2017 gestiegen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

7000 Euro - so viel ist jeder Quadratmeter des Areals rund um die Mercedes-Benz-Arena am Ostbahnhof inzwischen wert. Das ist doppelt so viel wie noch vor einem Jahr. Damit ist die Fläche inzwischen fast halb so wertvoll wie der Potsdamer Platz mit einem Bodenrichtwert von 15 000 Euro. Am meisten kostet es, wenn man am Pariser Platz am Brandenburger Tor ein Fleckchen Erde sein Eigen nennen will: 60 000 Euro pro Quadratmeter.

Immerhin sind an dem prestigeträchtigen Ort die Preise laut dem kürzlich vom »Gutachterausschuss für Grundstückswerte« vorgelegten Immobilienmarktbericht im Vergleich zur Vorjahresausgabe nicht gestiegen. Das ist eine Ausnahme. Innerhalb des S-Bahnrings wurde der hauptstädtische Grund alleine im vergangenen Jahr um rund 40 Prozent teurer.

Der Immobilienexperte Harald Simons vom Institut Empirica glaubt allerdings, dass damit das Ende der Fahnenstange erreicht sei. »Die Party ist vorbei. 2017 hingen nur noch ein paar Leute in der Küche rum«, sagte er dieser Tage. Er begründet das mit steigenden Wohnungsbauzahlen und sinkendem Zuzug. Tatsächlich kamen 2017 nur noch rund 41 000 Menschen in die Hauptstadt, um hier zu leben - ein Drittel weniger als im Vorjahr.

Doch Simons spricht vor allem über die Kaufpreise von Wohnungen. Die sind astronomisch. 380 000 Euro werden für eine 57-Quadratmeter-Neubauwohnung direkt auf dem ehemaligen Mauerstreifen zwischen Kreuzberg und Mitte verlangt, über 6500 Euro für den einzelnen Quadratmeter. Wollte man diese nicht sonderlich attraktive Wohnung vermieten, müsste man über 20 Euro kalt pro Quadratmeter verlangen, um keinen Verlust zu machen. Hauptgrund sind die exorbitanten Bodenpreise im überhitzten Markt. In diesem Falle auch befeuert von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die das Grundstück einst zum Höchstpreis verkaufte.

Selbst Immobilienentwickler klagen über die hohen Bodenpreise und räumen ein, dass sich vor allem größere Wohnungen zu solchen Preisen zumindest nicht von selbst verkaufen. Dabei ist die Baumaschinerie langsam erst in Gang gekommen, in den kommenden Jahren wird noch Vieles in dieser Preisklasse fertig werden.

»Angebot und Nachfrage klaffen komplett auseinander«, sagt Katalin Gennburg, Stadtentwicklungsexpertin der Linksfraktion. Immer mehr Wohnungen, die sich selbst viele Berliner mit mittlerem Einkommen nicht einmal zur Miete leisten können, stehen einem immer größeren Bedarf an leistbarem Wohnraum gegenüber.

»Es gibt keinen Grund zu glauben, dass sich durch den Überschuss solcher Wohnungen die Lage für Geringverdienende entspannt«, warnt Gennburg vor zu viel Vorfreude. Und weil Berlin sich mehr als ein Jahrzehnt lang in großem Maße von scheinbar entbehrlichen Liegenschaften getrennt hatte, fehlt auch die große Landreserve, auf der schnell gemeinwohlorientiert gebaut werden könnte.

Auch das Bundeseisenbahnvermögen spielte beim Monopoly mit. Dieses übernahm bei der Gründung der privatrechtlichen Deutschen Bahn AG einen Teil der damals nicht betriebsnotwendigen Grundstücke. Seitdem hat allein die Berliner Niederlassung rund 2000 Wohnungen nebst zugehörigen Grundstücken für rund 112 Millionen Euro verkauft. Außerdem noch über drei Quadratkilometer Fläche, das entspricht über 432 Fußballplätzen, für noch einmal 361 Millionen Euro. Das ergibt die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag.

Angesichts des sich abschwächenden Zuzugs fordert Gennburg, die Bedarfsprognosen für den Neubau auf den Prüfstand zu stellen. Tatsächlich sollen die Zielzahlen im Stadtentwicklungsplan Wohnen von bisher 194 000 neuen Wohnungen bis zum Jahr 2030 noch einmal erhöht werden. Es müsse sichergestellt werden, dass nicht an Prognosen vorbeigebaut werde. »Es dürfen nicht die Renditenaussichten Weniger befriedigt werden, sondern die Wohnbedürfnisse der 99 Prozent«, sagt die Stadtentwicklungsexpertin.

Über mangelnde Rendite kann sich der US-amerikanische Investor Anschutz bei seinem Areal am Ostbahnhof nicht beklagen. Rund um das Jahr 2000 war ein Quadratmeter lediglich 100 Euro wert. Der Preis hat sich seitdem versiebzigfacht.

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