Kross vegan

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Vegan ist Standard. Wer essen geht und nichts Tierisches speisen will, muss in der Hauptstadt nicht mehr mit einem gemischten Salat vorliebnehmen. Zumindest innerhalb des S-Bahnrings bietet mittlerweile jedes Restaurant ein veganes Gericht an, seien es auch nur Spaghetti mit Tomatensoße oder Aglio Olio wie beim Italiener um die Ecke. Zumindest müssen sich Gaststätten angesichts der wachsenden Zahl von Veganern immer häufiger kritischen Nachfragen stellen, wenn sie es nicht tun.

So setzt sich auch im gastronomischen Bereich die Erkenntnis immer mehr durch, dass nicht alles in Sahne ertränkt werden muss, nicht auf jeden Teller ein vor Fett triefendes Schnitzel gehört. Schließlich kann auch ein mediterranes Gemüseragout auf Rosmarinkartoffeln sehr schmackhaft sein. Vermutlich sogar mehr als so manches lustlos in die Pfanne geworfene Stück Fleisch.

Wer sich nicht mit ein, zwei veganen Gerichten auf der Speisekarte begnügen will, ist indes in Berlin im Paradies gelandet. Gefühlt werden täglich zwei neue tierfreie Restaurants eröffnet. Es gibt alles, was das Veganer-Herz vor Freude höher schlagen lässt. Ob vegane Pizzeria, Burgerbraterei oder Dönerimbiss - in der schwäbischen Provinz haftet dem vielleicht noch etwas Exotisches an. In Friedrichshain, Kreuzberg oder Neukölln ist es gang und gäbe. Im Yellow Sunshine in der Wiener Straße gibt es etwa seit 2004 ein veganes Gyros, das auch Fleischessern genauso gut schmeckt wie »das Orginal«. Und wer einen Festtagsbraten braucht, bekommt diesen neben anderen Köstlichkeiten in der Seitanmanufaktur L’Herbivore in der Petersburger Straße in Friedrichshain.

Doch leider muss man sich bei so manchen Köchen fragen, ob sie mit Tofu einfach nur Fleisch kopieren wollten. Muss ein leckeres Gemüse-Curry unbedingt mit Sojaproteinen in Schaumgummikonsistenz verunstaltet werden, nur weil der Koch meint, er muss dem Gast eine Alternative zum meist ebenso geschmacklosen Hühnchenfleisch geben?

Gleichzeitig gibt es in den Küchen Asiens eine jahrhundertealte Tradition, in der Tofu, Seitan und Tempeh nicht einfach nur dazu verwendet werden, Schnitzel und andere Fleischprodukte nachzubauen. Wer wissen will, wie solche Gerichte schmecken, der sollte mal zu Mom’s in der Elsenstraße in Alt-Treptow gehen und sich überraschen lassen, was man in der vietnamesischen Küche alles aus Seitan und Tofu zaubern kann.

Als Start in diese neuen kulinarischen Welten empfiehlt es sich, mit den Frühlingsrollen mit gehacktem Tofu, Shiitake, Morcheln und Glasnudeln zu beginnen. Wer danach Lust auf ein Abenteuer hat, kann den in Betelblätter eingewickelten Tofu probieren. Wer etwas weniger mutig ist, dem sei die gemischte Reisschale mit karamellisiertem Tofu, Austernpilzen und Seitan zu empfehlen. Und für all jene, die trotz der großen Auswahl nicht auf Imitate verzichten wollen: Die »Fake Duck« in Erdnusssoße ist noch besser und noch krosser als eine »richtige« Ente. Und für alle, die nicht auf tierische Proteine verzichten können, gibt es noch Sushi.

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