• Berlin
  • Sebastian Schlüsselburg

Auch als Papa glaubwürdig bleiben

LINKEN-Politiker Sebastian Schlüsselburg will Politik und Familie unter einen Hut bringen

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 3 Min.

»Eigentlich könnte ich meinen Schreibtisch auch gleich hier reinstellen«, sagt Sebastian Schlüsselburg mit einem breiten Schmunzeln im Gesicht. Genug Platz sei zwischen dem lustigen Verkehrsteppich, den bunten Legosteinchen und dem kleinen Schaukelpferd doch allemal.

Sein Büro wird der 35-jährige LINKEN-Abgeordnete wohl nicht in das Eltern-Kind-Zimmer im Abgeordnetenhaus verlegen dürfen. Viel Zeit wird Sebastian Schlüsselberg hier zukünftig aber in jedem Fall verbringen. Seit vor etwas über drei Wochen seine Tochter Lara geboren wurde, steht die Welt des Lichtenberger Abgeordneten Kopf.

»Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben stolzer Papa. Das ist ein großartiges Gefühl«, sagt Schlüsselburg, der rechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist. Seine Partnerin Claudia nickt mit dem Kopf. Auch für sie ist Lara das erste Kind. »Es ist alles sehr aufregend«, sagt sie.

Claudia arbeitet als Consultant für mehrere große Hotelketten in Berlin. Nach Laras Geburt ist sie in Elternzeit gegangen, um sich voll und ganz dem Baby widmen zu können. Auch Sebastian möchte für Lara da sein und seine Partnerin unterstützen, wo es nur geht. »Es ist für ein Kind enorm wichtig, von beiden Elternteilen Verlässlichkeit zu bekommen.«

Einfach zu hause bleiben kann Schlüsselburg als gewählter Volksvertreter allerdings nicht. Während es für Arbeitnehmer und für Selbstständige geregelte Elternzeitmodelle gibt, existiert etwas Vergleichbares für Abgeordnete nicht. In einem Urteil entschied das Bundesverfassungsgericht 2007, dass gewählte Volksvertreter grundsätzlich nicht in Elternzeit gehen können. Das macht Sinn, ist ein politisches Mandat doch zwingend an die Person gebunden und eine Vertretung daher nicht möglich.

Allerdings habe sich in Berlin das Konzept einer »parlamentarischen Elternzeit« etabliert, wie Schlüsselburg erzählt. Er sei ja schließlich auch nicht der erste Abgeordnete, der Vater oder Mutter werde. »Parlamentarische Elternzeit« bedeutet: kürzertreten, sich politisch auf das Notwendigste konzentrieren, um für die Familie in der komplizierten Zeit unmittelbar nach der Geburt da sein zu können.

»Dass ich Vater werde, habe ich in meiner Fraktion frühzeitig kommuniziert«, sagt Schlüsselburg. Die breite Unterstützung, die er von seinen Parteikollegen von Anfang an bekommen habe, sei für ihn enorm wichtig. »Meine Fraktionskollegen haben mir vollstes Verständnis dafür signalisiert, dass ich mich bis Ende März politisch etwas zurückziehen werde«, sagt Schlüsselburg. Das sei »gelebte Solidarität« unter Parteifreunden.

Zu den Plenarsitzungen will er weiterhin gehen. Dazu ist er als Abgeordneter auch verpflichtet. Nur im Krankheitsfall ist ein Fernbleiben ohne Gehaltsabzug erlaubt. Auch im wichtigen Rechtsausschuss will Schlüsselburg aktiv bleiben. In die Sitzungen des Verfassungsschutz- und des Amri-Untersuchungsausschusses wird er im März einen Stellvertreter schicken.

Andere Termine will er je nach Wichtigkeit wahrnehmen. »Ich möchte für die Wähler auch als frisch gebackener Papa ansprechbar sein«, sagt Schlüsselburg. Das erwarte man von ihm. Außerdem sei es eine Frage der politischen Glaubwürdigkeit. »Ich kann mich nicht auf den Marktplatz stellen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fordern, wenn ich es dann selber nicht vorlebe.«

Die größte Herausforderung sei für ihn als Vater und Abgeordneter die fehlende Planbarkeit seines Berufs. »Wenn das Diensttelefon klingelt, muss ich rangehen. Es kann etwas passieren, und ich muss sofort los.« Partnerin Claudia hat dafür Verständnis. »Ich habe Sebastian als passionierten Politiker kennengelernt.« Momentan sei das auch alles kein Problem. Sie ist ja zeitlich flexibel. Und wenn auch sie die Arbeit wieder aufnimmt? »Dann könnte es etwas turbulenter werden. Aber auch das werden wir zusammen wuppen.«

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