Lange Haft für »Gruppe Freital«

Gericht sieht rechtsextreme Zelle als terroristische Vereinigung an

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.

Der erste Terrorprozess in Sachsen endete nach genau einem Jahr mit einer Verurteilung der acht Angeklagten zu teils langen Haftstrafen. Zwei Rädelsführer der »Gruppe Freital« müssen für zehn Jahre sowie für neun Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Fünf weitere Mitglieder wurden vom Staatssschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden zu Strafen zwischen fünf und achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Angeklagter erhielt eine Jugendstrafe von vier Jahren. Das Gericht sah den Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung als erwiesen an. Die entsprechenden Vorwürfe der Bundesanwaltschaft hätten sich in dem Prozess, der 73 Verhandlungstage in Anspruch nahm, »im Wesentlichen bestätigt«, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Fresemann.

Der »Gruppe Freital« wurden mehrere Sprengstoffanschläge zur Last gelegt, außerdem vollendete und versuchte Körperverletzung und bei einer Tat auch versuchter Mord in vier Fällen. Zunächst wurde im Juli 2015 das Auto des Freitaler LINKE-Politikers Michael Richter in die Luft gejagt. Es folgten Angriffe auf zwei Flüchtlingswohnungen, ein Büro der LINKEN und ein alternatives Wohnprojekt in Dresden. Zum Einsatz kamen jeweils illegale Feuerwerkskörper, die sich die Täter in Tschechien besorgt hatten. Die Übergriffe wurden in einem verschlüsselten Chat abgesprochen.

Die Attacken richteten sich anfangs gegen Sachen, immer mehr aber auch gegen Leib und Leben von Personen. Beim letzten Angriff auf eine Flüchtlingswohnung sah das Gericht die Absicht als erwiesen an, die vier Bewohner zu töten. Die Taten endeten erst, nachdem im November 2015 die ersten Beteiligten verhaftet worden waren. Das Gericht ist überzeugt, dass nur so Schlimmeres verhindert wurde. Es gebe »keine Hinweise, dass sich die Radikalisierung nicht fortgesetzt hätte«, sagte Fresemann; interne Absprachen hätten nicht erkennen lassen, dass »Grenzen erreicht« waren.

Ihren Ursprung hatte die Radikalisierung der zuvor überwiegend unbescholtenen Täter, denen nur zum Teil rechtsextreme, nationalsozialistische und rassistische Einstellungen nachzuweisen waren, nach Ansicht des Gerichts in den »politischen Ereignissen des Jahres 2015« mit der starken Zuwanderung in die Bundesrepublik. Fresemann wies aber die Schlussfolgerung als »verfehlt« zurück, es habe sich um ein Staatsversagen gehandelt, das ein »Recht zur Selbsthilfe« begründet hätte. Die Opfer der Anschläge, betonte er, hätten die damalige Politik zudem »nicht gestaltet oder beeinflusst«.

Das Gericht verwahrte sich auch gegen Vorwürfe aus Kreisen der Unterstützer der Angeklagten, mit dem Prozess habe der Staat ein »wie auch immer geartetes Exempel« statuieren wollen. Von einigen der rund 100 Zuschauer der Urteilsverkündung wurde diese Äußerung Fresemanns mit Gelächter quittiert. Der Richter warnte indes vor einer Verkehrung von Rollen: »Die Opfer«, sagte er in Richtung der Angeklagten, »sind nicht Sie.« Die Rolle komme vielmehr den Flüchtlingen zu, den Bewohnern des Wohnprojekts sowie dem Politiker Richter, der mittlerweile aus Freital weggezogen ist.

Scharfe Kritik übte Fresemann schließlich an Äußerungen eines Verteidigers, der sein Plädoyer mit der Absicht begründet hatte, einen »Rechtsbeugungsprozess« gegen den Senat nach einer erneuten politischen Wende vorzubereiten. Er habe sich dabei den »Volksgerichtshof« der NS-Diktatur zum Vorbild genommen: »Das überschreitet Grenzen.« Konsequenzen hat der Vorfall indes nicht.

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