Strombranche vor der Neuordnung?

E.on und RWE wollen ihre Geschäfte neu aufteilen / Innogy soll zerschlagen werden

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Essen. In der deutschen Strombranche bahnt sich eine spektakuläre Neuordnung an. Die Energieriesen E.on und RWE wollen ihre Geschäfte komplett neu aufteilen. E.on will die RWE-Ökostrom- und Netztochter Innogy übernehmen und im Gegenzug den langjährigen Konkurrenten RWE am eigenen Unternehmen beteiligen. Die am Sonntag von beiden Konzernen veröffentlichte Vereinbarung sieht im Kern vor, dass E.on das lukrative Netzgeschäft von Innogy erhält, während die erneuerbaren Energien unter dem Dach von RWE vereint werden sollen. Innogy würde damit zerschlagen.

RWE hatte das eigene Geschäft mit erneuerbaren Energien, dem Vertrieb und dem Netz erst im Oktober 2016 unter dem Namen Innogy an die Börse gebracht. Seitdem hält RWE knapp 76,8 Prozent an Innogy. RWE behielt die konventionellen Großkraftwerke und den Stromgroßhandel. Durch den Deal mit E.on sollen die Erneuerbaren jetzt zu RWE zurückkehren. Zudem soll RWE das bisherige E.on-Geschäft mit Ökoenergien übernehmen. E.on würde im Gegenzug zu einem Unternehmen, das sich ganz auf Energienetze und das Endkundengeschäft konzentriert. Die Stromnetze sind bereits der verlässlichste Gewinnbringer von E.on, zuletzt steuerten sie rund 65 Prozent der Erträge bei.

Der Vereinbarung zufolge soll RWE für den Verkauf von Innogy eine Beteiligung an E.on in Höhe von knapp 16,7 Prozent erhalten. RWE würde damit der größte Einzelaktionär von E.on. An RWE sollen zudem Innogys Gasspeichergeschäft und die Beteiligung am österreichischen Energieversorger Kelag gehen.

Den übrigen Innogy-Aktionären will E.on ein freiwilliges Übernahmeangebot mit einem Gesamtwert von 40 Euro je Aktie unterbreiten. Die Vereinbarung muss noch von den Gremien beider Konzerne und den Kartellbehörden genehmigt werden.

Über einen Verkauf von Innogy ist in den vergangenen Monaten wiederholt spekuliert worden. Noch vor einer Aufsichtsratssitzung am vergangenen Dienstag hatte das Unternehmen versichert, es würden bei dem Treffen »keine wie auch immer gearteten Szenarien in Bezug auf einen Verkauf des Unternehmens behandelt«. Innogy hat rund 44 000 Mitarbeiter und wird an der Börse mit etwa 20 Milliarden Euro bewertet.

Wegen Problemen auf dem britischen Markt musste Innogy aber die Gewinnprognose für 2017 kappen. Nach einem Absturz des Börsenkurses räumte Vorstandschef Peter Terium seinen Posten. Der Aufsichtsrat mahnte Kostendisziplin und eine Investitionsstrategie an.

Die Zerschlagungspläne stoßen unter einflussreichen kommunalen Aktionären der bisherigen Mutter RWE aber auf Vorbehalte. »Ich sehe den Deal skeptisch«, sagte Guntram Pehlke, Chef der Dortmunder Stadtwerke DSW21, dem »Handelsblatt«. Vor zwei Jahren sei Innogy erst geschaffen worden. »Und ich mache mir Sorgen um die Standorte und Mitarbeiter.«

Dortmund hält 3,6 Prozent der Anteile. Insgesamt halten kommunale Aktionäre gut 20 Prozent und stellen vier Vertreter im RWE-Aufsichtsrat. Gemeinsam mit den Beschäftigtenvertretern könnten sie den Deal blockieren. Nach »Handelsblatt«-Informationen wollten die Aufsichtsräte beider Konzerne noch am Sonntag zusammenkommen, um über die Transaktion zu beraten. Beschlüsse und die Vertragsunterzeichnung seien aber erst für Montag geplant, hieß es in mit der Transaktion vertrauten Kreisen Sprecher von E.on und RWE wollten keine Stellungnahme abgeben. dpa/nd

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