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  • ZDF-Reihe »Ku’damm 59«

Spießersexistische Männerwelten

«Ku’damm 59» im ZDF

  • Jan Freitag
  • Lesedauer: 3 Min.

Konventionen sind zähe Biester. Einmal als gesellschaftliche Handlungsnorm etabliert, sind sie dazu in der Lage, alles unter sich zu begraben: Freundschaft, Gerechtigkeit, Fairness, sogar die unerschütterliche Kraft der Mutterliebe. «Ich kann mich nicht zum Gespött der Leute machen», sagt Caterina Schöllack und zeigt auf den Bauch der hochschwangeren Monika, die klitschnass um Asyl im Elternhaus bittet. «Diese Schande hast du dir selbst eingebrockt», fügt sie hinzu und schickt ihre Tochter in den Regen.

So furchtbar konventionell beginnt die Fortsetzung eines Dreiteilers, der viel bewegt hat. «Ku’damm 56» war Anfang 2016 der Versuch des ZDF, zeithistorische Unterhaltung und soziokulturelle Relevanz im bunten Ambiente der Fünfzigerjahre unter einen Hut zu bringen. Und die Geschichte um Claudia Michelsen als Tanzschulleiterin an Berlins einstigem Prachtboulevard sorgte nicht nur für Topquoten. Es hagelte auch ungewohnt gute Kritiken.

Denn wie das sittliche Korsett jener bleiernen Zeit zwischen Befreiung vom Nationalsozialismus und Geiselnahme durch die Spießerdemokratie besonders Körper, Geist und Seele bundesdeutscher Frauen zerquetschte - das wurde zumindest im Hauptabendprogramm selten so glaubhaft beschrieben. Nun also gibt es die nächsten drei Teile, und vorweg: Es wird nicht besser für den weiblichen Teil der Bevölkerung. Nach wie vor befindet sich dieser im Würgegriff männlicher Profilneurosen, die Frauen als Besitz empfinden durften; das Gesetz hat dieses Eigentumsverhältnis verfassungswidrig, aber im gesellschaftlichen Konsens zementiert.

Nach der Geburt nimmt das Jugendamt der erschöpften Monika - inbrünstig gespielt von der vielseitigen Sonja Gerhardt - das Baby weg und gibt es dessen Tante Helga (Maria Ehrlich), die es anstelle der Mutter aufzieht und damit das Trauma ausgleicht, einen Schwulen geheiratet zu haben, während Eva (Emilia Schüle) unterm Diktat ihres herrschsüchtigen Gatten (Heino Ferch) leidet. Ersatzweise startet Monika an der Seite des sprunghaften Kindsvaters eine Gesangskarriere, die beide bald zu Schlagerfilmstars des sexuell übergriffigen Regisseurs Moser (Ulrich Noethen) macht.

In «Ku’damm 59» wimmelt es also nur so vor weiblichen Opfern männlicher Täter einer systematisch ungleichen Gesellschaft, die sich spürbar in faschistischer Tradition befand. Dass die 180 Minuten trotzdem übers Geschlechterklischee dieser kaugummibunt inszenierten Ära hinausgehen, ist der Drehbuchautorin Annette Hess zu verdanken. Über sechs Teile hinweg bleibt ihre Monika zwar das moralisch saubere Kämpferinnenherz der Reihe. Doch schon die Männer an ihrer Seite - Sabrin Tambrea als Fabrikant Joachim und Trystan Pütter als Rock’n’Roller Freddy - kontern das zeitgemäße Mackergehabe mit reflexiver Empathie, während Nickys Schwestern samt Mama jenes System, das sie alle in Ketten hält, eher stützen als stürzen.

Beschreibungen von solchen (Ohn-)Machtverhältnissen sind angesichts einer Bundestagspartei, die sich genau nach solchen Verhältnissen zurücksehnt, politisch relevant. Hinzu kommt allerdings, dass Regisseur Sven Bohse diese Zeit trotz etlicher Klischees und arg glatter Optik nicht nur plastisch macht, sondern sehr unterhaltsam. Es dürfte also bald schon «Ku’damm 63» folgen. Der Weg zur wahren Emanzipation ist ja bekanntlich noch weit.

ZDF, 18., 19. und 21. März, jeweils 20.15 Uhr.

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