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Rechtsregierung weiter beliebt
Österreich: Am Dienstag ist Schwarz-Blau 100 Tage im Amt / Laut Umfragen sind die Zufriedenheitswerte hoch
Gerade hat die FPÖ wieder zwei ihrer Gemeinderäte wegen brauner Eskapaden entsorgen müssen. Die beiden Kommunalpolitiker im oberösterreichischen Suben hatten in einer WhatsApp-Gruppe Neonazi-Inhalte geteilt. Es ist nur eine von vielen Affären dieser Art. Ende Januar hatte in Niederösterreich der FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer nur wenige Tage vor der Wahl wegen eines Nazi-Liederbuchs zurücktreten müssen.
Noch hält sich der Unmut der Wähler wegen solcher Skandale in Grenzen. Bei den Landtagswahlen in Niederösterreich, Tirol und Kärnten blieben die Rechten zwar jeweils unter den eigenen Erwartungen, wegen des Verschwindens einiger vor fünf Jahren noch konkurrierenden Protestparteien konnten sie aber dennoch Zugewinne verbuchen.
Einem konnten die braun-blauen Skandale bisher überhaupt nichts anhaben: Sebastian Kurz, der seine ÖVP in eine Koalition mit den Freiheitlichen geführt hat und am Dienstag das 100-Tage-Jubiläum feiert. Dem mit 31 Jahren jüngsten Kanzler der Geschichte ist es tatsächlich gelungen, den über Jahre hinweg um seine Person aufgebauten Hype zu konsolidieren.
Zwei am Wochenende veröffentlichte Umfragen zeigen ein einheitliches Meinungsbild: Kurz’ ÖVP kann in der Sonntagsfrage mit 32 Prozent das bei der Wahl im Oktober erreichte Hoch halten, die FPÖ verliert mit 22 Prozent etwa zwei Prozentpunkte, während die jetzt oppositionelle SPÖ von Ex-Kanzler Christian Kern mit einem lauen Plus von einem Punkt bei 28 Prozent auf ihrem historischen Tief verharrt. Und 49 Prozent sind mit der Arbeit der ÖVP-FPÖ-Koalition sehr oder zumindest eher zufrieden, während 28 Prozent wenig und nur 17 Prozent gar nicht zufrieden sind.
Die Anti-Kurz-Minderheit ist keine kleine. Viele mögen den Bubi am Ballhausplatz nicht, für manche ist er gar Hassobjekt, auch wenn der Spottsturm im Netz etwas abgeflaut ist. »Basti« lässt jedenfalls keinen kalt. Dass ihn die ÖVP geradezu vergöttert, erklärt sich einfach aus der Tatsache, dass Kurz seiner Partei das Kanzleramt souverän zurückerobert hat. Wer Kurz das Wasser reichen oder es ihm auch einmal abgraben will, sollte das Erfolgsrezept genau studieren. Ein zentraler Punkt ist »Message Control«.
Ein Kernproblem der im Oktober abgewählten Großen Koalition war die permanente Kakophonie. SPÖ und ÖVP wurden nicht mehr als konstruktive Partner, sondern nur noch als Streitparteien wahrgenommen. Der neue Kanzler wiederum hat die totale Kontrolle über die Nachrichten übernommen: Öffentliche Statements der Minister sind, so solche überhaupt gemacht werden, stets mit den Medienprofis des Kanzleramts abgestimmt. Botschaften werden gezielt in ausgewählten Medien platziert. Streit gibt es nicht. Und wenn, dann nur hinter verschlossenen Türen.
Finanzminister Hartwig Löger hat gerade sein Doppelbudget für 2018/19 präsentiert, das erstmals seit 65 Jahren keine neuen Schulden mehr vorsieht. Kurz’ Botschaft, man wolle »nicht mehr ständig auf Kosten der nächsten Generationen leben«, kommt jedenfalls an. Dies umso mehr, als es trotzdem etwas zu verteilen gibt: Ab kommendem Jahr gibt es den »Familienbonus plus« in Form eines Absetzbetrages in der Höhe von 1500 Euro pro Kind und Jahr. Der ÖVP-Chef will so die »Leistungsträger« belohnen. Das ist Teil der, wie Kurz es nennt, »bürgerlichen Wende«. Dazu gehört auch eine schärfere Gangart gegenüber Ausländern. Für die gibt es weniger gute Nachrichten. Etwa die zentrale Botschaft des Vizekanzlers Heinz-Christian Strache (FPÖ) zum Budget: Sparen bei Ausländern.
Österreicher sollten sich darauf einstellen, dass es ein bisschen unbequemer werden könnte, nach dem 22. April, wenn Salzburg die diesjährige Landtagswahlserie abgeschlossen hat. Wenn Kurz die ehrgeizigen Budgetziele auch bei wieder einmal nachlassender Konjunktur und steigenden Zinsen erreichen will, sind Einschnitte auch in Bereichen, die das eigene Klientel treffen, kaum zu vermeiden.
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