- Politik
- Krieg in Afghanistan
Mehr als 54.000 Vertriebene seit Jahresanfang
Sicherheitslage vor allem in der nördlichen Provinz Kundus angespannt / Luftangriff auf Koranschule könnte 50 zivile Todesopfer gefordert haben
Kabul. In Afghanistan sind seit Anfang Januar mehr als 54.000 Menschen vor Kampfhandlungen aus ihren Dörfern und Städten geflohen. Das geht aus einem in der Nacht auf Dienstag veröffentlichten Bericht der UN-Agentur zur Koordinierung humanitärer Hilfe hervor. Demnach seien allein in der vergangenen Woche knapp 12.000 Menschen vertrieben worden.
Die derzeit höchsten Vertriebenenzahlen - mehr als 13.600 - registrierten die UN in der nordafghanischen Provinz Kundus, wo bis vor einigen Jahren noch die Bundeswehr stationiert war. Kundus gehört zu den am schwersten umkämpfen Provinzen. Erst am Montag waren bei einem Angriff der afghanischen Luftwaffe auf ein angebliches Talibantreffen im Bezirk Dascht-e Artschi viele Menschen getötet worden. Der Stammesälteste aus dem betroffenen Bezirk, Hadschi Mohammed Naim, spricht von 50 möglichen Zivilisten, die dem Angriff auf eine Koranschule zum Opfer gefallen sein könnten. Er habe nach den Luftschlägen, die eine Koranschule getroffen hatten, viele tote Kinder und nur vier tote Talibankämpfer gesehen. Etwa 65 Menschen seien verletzt worden. Auch der Sender Tolo TV berichtete von um die 50 getöteten Zivilisten.
Binnenflüchtlinge gehören zu den »verwundbarsten Gruppen« von Afghanen, warnen die UN. Im vergangenen Jahr hatten die UN rund 450.000 Binnenflüchtlinge registriert, 2016 mehr als 660.000. Die UN hatten zu Jahresanfang in ihrem Überblick zu den humanitären Bedürfnissen geschätzt, dass derzeit rund 900.000 Afghanen unter »unmenschlichen Bedingungen« in Camps leben. Ob alle der in den vergangenen zwei Jahren als vertrieben registrierten Menschen weiterhin ohne Heimat sind, ist nach Angaben der UN unter anderem wegen des mangelnden Zugangs zu vielen umkämpften Provinzen schwer festzustellen.
Die Bundesregierung hält Afghanistan trotzdem für sicher genug, um Schutzsuchende dorthin abzuschieben. Erst vor rund einer Woche fand die letzte Sammelabschiebung statt. Agenturen/nd
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