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  • Nach Beleidigung von Heiko Maas

Antrag auf Ordnungsverfahren gegen Dehm

Bezirkspolitiker Oliver Nöll: Dehm ignoriert Grundsätze der Partei / Bundestagsabgeordneter bezeichnete Außenminister Maas als »NATO-Strichjungen«

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Ostermarschrede von Diether Dehm (LINKE) in Berlin-Moabit hat für den Bundestagsabgeordneten ein Nachspiel: Laut Medienberichten hat der Vorsitzende der Linksfraktion in der Bezirksversammlung Kreuzberg-Friedrichshain, Oliver Nöll, ein Parteiordnungsverfahren gegen Dehm beantragt. »Das Ziel des Antrages ist der Ausschluss von Herrn Dr. Dehm nach §3(4) der Bundesatzung. Als Begründung ist anzuführen, dass der Genannte fortwährend gegen die ebenfalls in der Bundessatzung im §4(2) festgelegten ›Pflichten der Mitglieder‹ verstößt und mit seinem Verhalten dem Ansehen der Partei in der Öffentlichkeit schweren Schaden zufügt. Die angenommene Pflichtverletzung und Schädigung des Ansehens der Partei ist fortlaufend über Jahre zu beobachten.« Das steht in einem Schreiben Nölls an die Bundesschiedskommission der LINKEN, das der »Berliner Zeitung« vorliegt.

Dehm bezeichnete Außenminister Heiko Maas (SPD) auf der Kundgebung als »gut gestylten NATO-Strichjungen«. Diese Äußerung blieb nicht unwidersprochen – auch in den eigenen Reihen nicht. So attestierte der Berliner Kultursenator Klaus Lederer dem Genossen auf Twitter das »Selbstmitleid des in die Tage gekommenen Möchtegern-Gigolos«. Dehm sei schon lange nicht mehr ernst zu nehmen. Auch das »Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus« kritisierte die Ausdrucksweise des Linkspolitikers.

Am Dienstag wurde zudem Kritik von der Parteiführung bekannt: Parteichef Bernd Riexinger bezeichnete Dehms Äußerung gegenüber der »Mitteldeutschen Zeitung« (Mittwoch) als »unter der Gürtellinie« und sprach davon, dass dies »nicht wirklich ernst genommen werden« könne. Zu dem Antrag gegen Dehm wollte sich Riexinger allerdings nicht äußern. Zu einem laufenden Parteiordnungsverfahren könne er nichts sagen. »Ich glaube aber, dass man durch die öffentliche Aufmerksamkeit, die man Diether Dehm zollt, diese Äußerungen auch noch aufwertet«, fügte der Parteichef hinzu. »Und das ist doch nicht nötig.«

Hintergrund von Dehms Äußerung ist der Giftanschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal und seine Tochter Julia in Großbritannien. Mehrere westliche Länder hatten russische Diplomaten ausgewiesen – darunter auch die Bundesrepublik. »Unsere Reaktion im Fall Skripal war als politisches Signal notwendig und angemessen, aus Solidarität mit Großbritannien und weil sich Russland bisher jeglicher Aufklärung des Sachverhalts verweigert«, so Außenminister Maas zur Begründung. »Es ist wirklich erbärmlich, dass ein früherer Justizminister und Jurist den Rechtsgrundsatz ›In dubio pro reo‹ (Im Zweifel für den Angeklagten, Anm. d. Red.) umdreht und von Russland Beweise verlangt, unschuldig zu sein«, wird Dehm auf sputniknews.com zitiert.

Für Bezirkpolitiker Nöll ist das Parteiordnungsverfahren indes überfällig: »Als abschließende persönliche Bemerkung will ich anfügen, dass ich mich in der Tat selbst frage, warum ich erst jetzt und nicht bei ähnlich gelagerten Beispielen einen solchen Antrag gestellt habe. Die Ignoranz gegenüber Grundsätzen und Beschlusslagen der eigenen Partei hat bei Dehm eine lange Tradition. Ich habe dies lange – zu lange – ignoriert.«

Unterstützung erhielt Nöll am Dienstagmorgen von der Berliner Landesvorsitzenden der LINKEN Katina Schubert. »Danke Oliver Nöll. Dehm hat mit seinen Querfront-Aktivitäten, ehrverletzenden Vergleichen, antisemitischen und homophoben Äußerungen der Linken fortgesetzt Schaden zugeführt«, schrieb Schubert bei Twitter. ckl

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