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Der Tiger kann wieder beißen
Der Star des Golfsports kämpft wieder um Titel mit, seine Eskapaden haben die Fans längst vergessen
Glaubt man seinem verstorbenen Vater Earl Woods, schwingt der heute 42-jährige Sohn Tiger Golfschläger schon, seit er 11 Monate alt war. Er sollte den Sport gleich in mehrerer Hinsicht revolutionieren. Woods schlug den Ball härter, weiter und präziser als alle vor ihm und die allermeisten nach ihm. Zudem machte er Golf über die weiße Mittel- und Oberschicht hinaus in den USA populär. Dieser Mann mit afroamerikanischen, indianischen, chinesischen, thailändischen und europäischen Wurzeln zog Ende der 90er Jahre Millionen vor die Fernseher und auf die Plätze. Dabei enttäuschte Woods seine Fans nur selten: Er gewann insgesamt 106 Turniere, darunter 14 Majors, vier davon in Augusta.
Medien und Sponsoren befeuerten den Hype rund um den Jahrtausendwechsel. Jedes Turnier wurde übertragen, dabei von anderen Golfern außer Woods aber kaum Bilder gezeigt. Und wenn der Star nicht spielte, trat er in TV-Shows, Werbespots oder bei Preisverleihungen auf. Irgendwann forderte das Jetset-Leben seinen Tribut. Einigen Affären folgte die Scheidung von der Mutter seiner zwei Kinder. Zudem zwickten erst das Knie, dann der Ellbogen und später der Rücken, der ihn seit vier Jahren immer wieder aus dem Verkehr zog. Operationen und gescheiterte Comebackversuche wechselten einander in schmerzhafter Regelmäßigkeit ab. Seit 2013 hat Woods kein Turnier mehr gewonnen. Vorher verdiente er knapp 110 Millionen US-Dollar Preisgeld, in den vier Jahren danach »nur« noch gut 500 000.
Mit Woods’ Abstieg sanken auch die Einschaltquoten. Dem Golfsport geht es immer noch blendend, keine Frage, aber keiner der Jungstars, die dem Tiger folgen sollten - Jordan Spieth, Rory McIlroy oder der Weltranglistenerste Dustin Johnson - verfügen über die Strahlkraft von Woods.
Mittlerweile zwickt den Superstar kein Körperteil mehr, und siehe da, in den vergangenen Wochen spielte er wieder drei Mal um Siege mit. Als er im Februar in Palm Beach, Florida, mit guten Chancen in die Finalrunde startete, schauten mehr Amerikaner Golf, als Olympia, ein Nascar-Rennen oder die NBA, die alle zeitgleich übertragen wurden. Trotz der größeren TV-Konkurrenz im Jahr 2018 schalteten 43 Prozent mehr Golffans ein als ein Jahr zuvor, auch wenn Woods letztlich nur Zwölfter wurde.
Die Alkoholeskapaden, Autounfälle und Seitensprünge sind vergessen; der Liebling ist wieder da. Und die Konkurrenten sind nicht mal neidisch, da alle schon immer von Woods profitierten, als er Sponsoreneinnahmen und Preisgelder steigen ließ. Justin Thomas, der Sieger jenes Turniers in Florida sagte danach: »Es waren recht viele Fans bei mir, aber nicht annähernd so viele wie bei Tiger. Aber er hat das auch verdient. Er hat schon immer den Ausschlag gegeben, warum die Leute kommen. Ich würde ja auch lieber ihm zuschauen als mir.«
Selbst die Wettanbieter springen auf den Zug auf: Woods hat seit dem Comeback zwar immer noch kein Turnier gewonnen, ist mit einer Quote von 1:15 aber schon Mitfavorit beim Masters, nur Spieth, Johnson, Thomas und McIlroy liegen knapp vor ihm. Sollte Tiger Woods am Sonntag wirklich seinen fünften Titel in Augusta holen, muss man ziemlich tief in die Tasche greifen, um dabei sein zu dürfen. Das Einzeltagesticket kostet in den verschiedenen Tauschbörsen im Schnitt 2500 Dollar. Bei seinem letzten Masters-Start waren es noch rund 1000 Dollar weniger.
Immerhin sollten die Schneider des elitären Augusta National Golf Club mittlerweile die Maße von Tiger Woods parat haben, so dass ihm das Jackett passen müsste. Für den um einiges größeren Dustin Johnson wäre es dann aber doch zu klein.
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