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Frühling der Lehrer

USA: Eine Welle wilder Streiks an Schulen erschüttert Trumps Hochburgen

  • Wladek Flakin
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Bild zeigt einen kaputten Plastikstuhl. Durch die blaue Sitzfläche ziehen sich viele Risse. Laurissa Kovacs, eine Kunstlehrerin in der Kleinstadt McAlester, hat das Bild auf ihrer Facebook-Seite gepostet. Denn sie wollte der Welt zeigen, wie ihr Arbeitsalltag aussieht. In ihren Unterrichtsstunden sitzen bis zu 32 Schüler, und es gibt nicht genug Stühle für alle. Die Jugendlichen kämpfen teilweise um die Sitzplätze - Kovacs bringt Klappstühle von zu Hause mit. Dieses Bild ist bisher 84 790 Mal geteilt worden - viermal häufiger, als McAlester überhaupt Einwohner hat. Denn der Stuhl ist Symbol für ein kaputt gespartes Bildungssystem.

Kovacs ist seit letztem Montag im Streik, zusammen mit bis zu 36 000 Kollegen. Auch am Freitag legten viele ihre Arbeit nieder. Hunderte Schulen sind geschlossen. Pädagogen aus ganz Oklahoma - einem US-Bundesstaat, der halb so groß ist wie Deutschland - versammeln sich täglich vor dem Kapitol in ihren roten T-Shirts. Mehrmals haben sie das Parlamentsgebäude besetzt.

Die republikanische Gouverneurin Mary Fallin und der republikanisch dominierte Kongress hatten vergangene Woche eine Lohnerhöhung um 6100 Dollar pro Jahr beschlossen, um den Streik abzuwenden. Doch die Streikenden fordern 10 000 Dollar, neben zusätzlicher Finanzierung für die Schulen. An den Wänden wächst Schimmel, in den zerfallenden Schulbüchern finden sich teilweise noch Weltkarten mit der Sowjetunion. Eine Lehrerin baute ihr Sofa vor dem Kapitol auf. »Wir gehen nicht wieder, bis sie das System reparieren«, erzählte sie dem Lokalfernsehen.

Kovacs berichtete in ihrem Facebook-Eintrag, dass sie brutto 2311 US-Dollar pro Monat verdient, etwas weniger als 1900 Euro. In Nachbarstaaten wie Texas oder Arkansas könnte sie 20 000 Dollar mehr im Jahr bekommen, weshalb der Personalmangel in Oklahoma größer wird. Lehrer in den USA können pro Jahr nur bis zu 250 Dollar für Unterrichtsmaterialien von ihrer Steuer absetzen. Laut einer Studie geben sie im Schnitt mehr als 500 Dollar im Jahr dafür aus.

Seit 2009 wurde das Bildungsbudget in Oklahoma um 28 Prozent gekürzt. Ein Fünftel der Schulen öffnet nur vier Tage pro Woche. Die Regierung ist berüchtigt für ihre Unterstützung der Öl- und Gasindustrie. Diese zahlt nur drei Prozent Steuern, und Fracking ist so verbreitet, dass es seit geraumer Zeit jährlich Hunderte Erdbeben gibt.

In Oklahoma erhielt Trump bei den Präsidentschaftswahlen 65 Prozent der Stimmen. Doch gerade über die rechten Gegenden der USA schwappt nun eine Welle von Lehrerstreiks. In West Virginia (wo Trump mit fast 69 Prozent gewann) haben die Lehrer vor einem Monat neun Tage lang gestreikt. Der Streik ging sogar weiter, nachdem die Gewerkschaftsführung einen Deal mit der Regierung ausgearbeitet hatte. Am Ende bekamen sie fünf Prozent mehr Geld. Nun beginnen auch Streiks der Lehrkräfte in Kentucky, während in Arizona Proteste geplant werden.

»Es ist wie der Arabische Frühling« sagte die Geografielehrerin Toni Henson dem »Guardian«, »aber ein Lehrer-Frühling«. Damals sprang der Funke der Rebellion durch Nordafrika und den Nahen Osten. Jetzt ziehen Proteste durch den »Bibel-Gürtel« der USA, wo Trump besonders hohe Zustimmung genießt.

Die Bewohner dieser Bundesstaaten werden oft »Rednecks« genannt, Rotnacken. Der Begriff galt ursprünglich für arme weiße Farmern, die den ganzen Tag in der Sonne arbeiteten. Aber es wurde auch für die Bergarbeiter von West Virginia verwendet, die bei ihren Streiks ein rotes Tuch um den Hals banden. In dieser Woche kamen sozialistische Aktivisten aus New York oder San Francisco in Oklahoma zusammen, um von den Aktionen zu berichten. »Trump Country« könnte bald zum Zentrum des Klassenkampfes in den USA werden.

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