- Sport
- Frauen und Bodybuilding
»Ich bin stolz auf mein Alter«
Ilona Rinas betreibt seit 35 Jahren Kraftsport und Bodybuilding
Eigentlich hätte ich erwartet, dass ich Sie antreffe, wie Sie gerade die Hanteln schwingen. Stattdessen halten Sie hier feine Pinsel und Farbpalette in den Händen ...
... weil Malerei neben Bodybuilding und Kraftsport meine zweite große Leidenschaft ist. Besonders Fresken aus der Blütezeit des Römischen Imperiums inspirieren mich, und ich versuche, daran angelehnt eine eigene ästhetische Sprache zu entwickeln. Hoch spannend finde ich auch das Gladiatorenthema.
Ilona Rinas ist eine Frau, die niemals klein beigibt und in Deutschland sicher zu den Fittesten des Jahrgangs 1952 gehört. In ihrer ungarischen Heimatstadt Mohács hatte sie in den 80er Jahren mit Kraftsport und Bodybuilding begonnen. Seither hat sie nie aufgehört und bei der WM im Bankdrücken sogar 2017 noch einen Titel geholt. Mit Ehemann Ulfert, geboren in Stralsund, lebt sie schon lange in Oberhausen-Rheinhausen bei Karlsruhe. Im Gespräch mit nd-Autor René Gralla ermuntert sie vor allem ältere Menschen, noch mehr Mut zum eigenen Körper zu entwickeln. Foto: privat
Hätten Sie sich als Gladiatorin vorstellen können, durchtrainiert, wie Sie heute sind?
Ausgerüstet mit den passenden Gerätschaften hätte ich den Kerlen ganz gewiss tüchtig eingeheizt! (lacht)
Das glaube ich Ihnen aufs Wort. In Ihrer Seniorenaltersklasse halten Sie immerhin den Weltrekord im Bankdrücken, stemmen mit 80 Kilogramm mehr als das Doppelte Ihres Körpergewichts. Wie schaffen Sie das?
Das wirkt für Außenstehende sicher überraschend, ist aber für die Szene kein Ding. Bodybuilding ist nicht nur ein Sport, sondern eine Lebenshaltung. Und es gibt Frauen und Männer, die bis ins hohe Alter an den Geräten bleiben, meist ohne obendrein noch an Titelkämpfen teilzunehmen.
Woher nehmen Sie Ihre Energie für 60plus-Turniere?
Ich will und muss mir nichts beweisen, mir machen auch Turniere eben schlicht und ergreifend Spaß! Ich liebe das Gefühl, alles aus mir rauszuholen. Und ich möchte zugleich demonstrieren, wie fit eine Frau in meinem Alter sein kann.
Stichwort Frauen- und Männerrolle: Dem gängigen Klischee vom Bodybuilding entsprechen muskelbepackte Kerle. Was reizt Sie als Frau an dieser Disziplin?
Sie müssen sich ein bisschen vom Bild männlicher Brechertypen lösen, die in den Studios nur stumpf Gewichte stemmen. Die Realität ist deutlich differenzierter, besonders bei und unter uns Frauen. Viele schreiben mir, dass sie, nachdem sie Fotos von mir im Web gesehen haben, motiviert worden sind, auch mit dem Krafttraining zu beginnen. Ich spüre, dass ich auf diese Weise auch ältere Menschen - und zwar unabhängig vom Geschlecht - ermutigen kann, es auch selbst zu versuchen.
Bodybuilding und Kraftsport als Ausdruck einer bestimmten Lebenseinstellung - was bedeutet das?
Besagter Sport ist im Kern nichts anderes als Fitnesstraining. Mit dem Ziel, dich in deinem Körper wohl zu fühlen. Und eine positive Haltung zum Leben zu gewinnen: Viel lachen und immer Spaß an der Freud haben!
Um noch einmal auf die Seniorenklasse zurückzukommen: Hier kann man tatsächlich noch mit 60plus einsteigen?
Aber ja, gerade! Je älter du wirst, desto mehr verlierst du an Muskelsubstanz. Krafttraining, natürlich richtig dosiert, beugt dem vor und kann auch reaktivieren. Schauen Sie, die vielen Menschen, die heute mit Rollatoren unterwegs sind! Natürlich ist das bei manchen auch die fatale Folge von Operationen und schweren Krankheiten. Andere hätten das womöglich aber vermeiden können, wenn sie rechtzeitig etwas für ihre Muskeln getan hätten.
Und wie steuert man gezielt dagegen?
Nicht so, wie man es häufig in Studios beobachten kann. Die Jungs dort quälen sich oft dreimal die Woche mit Bankdrücken, aber das ist kontraproduktiv. Die belasten sich derart einseitig, dass die Verletzungs- und Ausfallgefahr steigt. Besonders ältere Jahrgänge sollten alternativ auf Ganzkörpertraining setzen: nacheinander die entscheidenden Muskelzonen, systematisch mit einem Programm im Wochenrhythmus. Und parallel dazu können und müssen sie den körperlichen Ausdruck selbstbewusst verbessern.
Ist es wichtig, meine Ernährung umzustellen?
Unbedingt! Pro Kilo Körpergewicht sollten Sie täglich 2,5 Gramm Eiweiß zu sich nehmen. Viel Fisch und Geflügel, dazu Käse, Quark und Eier, das macht aus Ihnen einen neuen Menschen.
Sie stellen sich international auch altersoffenen Wettbewerben. 2014 kamen Sie da in Zypern auf Gesamtplatz vier. Wie reagieren junge Frauen, die Ihre Töchter sein könnten?
Das ist wie im Leben. Die mit echtem Sportgeist begegnen mir mit Hochachtung. Andere kommen damit nicht klar und lassen es auch raushängen.
Nervt Sie das?
Ich ignoriere es, denn ich bin stolz auf mein Alter. Und messe ich mich mit Jüngeren im Turnier, macht mich das schlicht glücklich.
Zumal Sie meist hervorragend ankommen. Spektakulär war Ihre WM-Teilnahme im Jahr 2010.
Das war die Show meines Lebens. Denke ich daran zurück, kommen mir die Tränen.
Ansonsten scheint Nostalgie aber nicht Ihr Ding zu sein, oder?
Ich schaue mehr auf heute und morgen. Aktuell gebe ich Gas für die diesjährige WM im Kraftdreikampf, im September 2018 in meiner alten Heimat Ungarn.
Weitere Infos zu Ilona Rinas: www.ilona-rinas-gehringer.de
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.