Berliner LINKE will das Öffentliche stärken

Delegierte des Landesparteitags fordern Enteignung von Spekulanten und Fahrscheinfreiheit für Jugendliche

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Im Schnellverfahren hat die Berliner LINKE am Sonnabend in Adlershof ihren Landesparteitag absolviert. »Wir brauchen weniger Sitzungssozialismus, sondern mehr Bewegung«, sagte der Bundesschatzmeister der LINKEN, Thomas Nord, in seiner Rede als Gast des Parteitags mit Blick auf die Demonstration gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn, die am frühen Nachmittag am Potsdamer Platz startete. Und an der sich »privat« auch viele der 137 Delegierten des Landesparteitags beteiligen wollten.

Thematisch passend zu den aktuellen stadtpolitischen Protesten beschlossen die Delegierten ohne Gegenstimmen bei wenigen Enthaltungen einen Leitantrag mit dem Titel »Wem gehört die Stadt? – Das Öffentliche stärken«.

In dem Papier werden unter anderem Enteignungen gegen Spekulation und Leerstand gefordert. »Wer mit Brachen spekuliert, muss damit rechnen, dass die Grundstücke für den Wohnungsbau enteignet werden«, sagte die Landesvorsitzende der LINKEN, Katina Schubert. Auch wer seine Gebäude leerstehen lasse, könne am Ende leer ausgehen. »Die Berliner LINKE muss auf diesem Feld an der Spitze der Bewegung stehen«, sagte Bausenatorin Katrin Lompscher (LINKE). Sie betonte, dass die Partei und der Senat die Mietenproteste nicht nur als Rückenwind sehe, sondern auch als Auftrag, Impulse für die Wohnungspolitik zu geben, auch wenn man dabei auf Landesebene inzwischen an Grenzen stoße.

Weitere sozialpolitische Aspekte des beschlossenen Leitantrags sind eine Ausweitung des öffentlichen Wohnungsbestands und eine Verbesserung der personellen und finanziellen Ausstattung des Gesundheitsbereichs. Die LINKE untermauerte auch ihre Unterstützung des Volksbegehrens für gesunde Krankenhäuser, für das bereits 22.000 Unterschriften gesammelt wurden.

Eine Forderung, die bereits im Vorfeld des Parteitags für Aufsehen sorgte, ist die von der Linkspartei geforderte Ausweitung eines Tickets für den Öffentlichen Personennahverkehr über den Kreis der jungen Menschen hinaus, die auf Transferleistungen des Staates angewiesen sind. »Es ist nur folgerichtig, dass wir im nächsten Schritt das ÖPNV-Ticket für alle Schüler kostenlos machen wollen«, sagte Schubert.

Kontrovers werden derzeit vor allem zwei Themen in der LINKEN diskutiert. Zum einen geht es um die geplante Schulbauoffensive. Auch um die Kritik an möglichen Privatisierungen in diesem Bereich entgegenzukommen, setzt sich die Partei für einen Verkaufsvorbehalt des Abgeordnetenhauses bei öffentlichen Verkäufen ein, damit ein möglicher Verkauf neu gebauter Schulen erschwert wird. Darüber hinaus fordert die LINKE auch weiterhin eine Privatisierungsbremse, die in der Verfassung verankert werden soll. Dafür bräuchte es allerdings eine verfassungsändernde Mehrheit im Abgeordnetenhaus, die derzeit nicht besteht.

Wieviel Informationsbedarf in der Partei besteht, machte eine Abstimmung zum Antrag aus Neukölln unter der Überschrift »Transparenz zur Schulbauoffensive herstellen« deutlich. Mit einer Mehrheit von 52 Ja-Stimmen zu 50 Nein-Stimmen wurde der Antrag von den Delegierten angenommen. In dem Antrag wird unter anderem gefordert, dass Verträge zum Schulbau veröffentlicht werden.

Sicherlich großen Konfliktstoff bietet auch die Forderung nach der Aufhebung des Neutralitätsgesetzes, die vom Neuköllner Bezirksverband auf dem Parteitag unter dem Titel »Nein zur rassistischen Diskriminierung – nein zum Kopftuchverbot« eingebracht wurde. Aufgrund der Komplexität des Themas wollte die Partei dazu keine schnellen Beschlüsse fassen, sondern sich für die Debatte ausreichend Zeit nehmen.

Scharf verurteilt wurden auf der Parteiversammlung unterdessen die Angriffe der Westmächte auf Syrien. »Wer meint, mit der Bombardierung einer Chemiefabrik Menschen zu retten ist, ist einfach nur zynisch, weil damit noch mehr Menschen gefährdet werden«, sagte die LINKEN-Bundestagsabgeordnete, Gesine Lötzsch.

Solidaritätserklärungen verabschiedete die Partei für die Opfer der mutmaßlich rechtsextremen Terrorserie in Neukölln und die Feuerwehrleute, die seit drei Wochen wegen ihrer schlechten Arbeitsbedingungen vor dem Roten Rathaus protestieren.

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