Aufruhr um Rentenreform in Nicaragua
Menschenrechtsorganisation: 25 Tote bei Massenprotesten - Präsident Ortega zeigt sich gesprächsbereit
Managua. In Nicaragua haben die Massenproteste gegen eine geplante Rentenreform auch am Wochenende angehalten. In der Hauptstadt Managua und vielen anderen Städten demonstrierten Tausende Menschen und lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. In der Stadt Bluefields wurde am Samstag der Journalist Ángel Eduardo Gahona getötet, während er Proteste filmte und per Facebook live übertrug, wie die Zeitung »El Nuevo Diario« berichtete. Seit Sonnabendvormittag patrouilliert die Armee in mehreren Landesteilen.
Die Menschenrechtsorganisation CENIDH berichtete von mindestens 25 Toten seit Beginn der Proteste am Mittwoch. Präsident Daniel Ortega zeigte sich angesichts der angespannten Lage gesprächsbereit. Da die geplante Erhöhung der Rentenbeiträge und die Einbußen für Rentner erst am 1. Juli in Kraft treten sollten, sei noch Zeit zum Verhandeln, sagte er am Sonnabend in einer Fernsehansprache. »Wir werden prüfen, was an dem Dekret verändert werden muss oder ob es erneuert werden sollte. Wichtig ist ein Konsens«, erklärte Ortega.
Zahlreiche Menschenrechtler werfen den Sicherheitskräften vor, mit überzogener Gewalt gegen die Protestierenden vorzugehen. Unabhängige Fernsehsender beklagten, nach Berichten über die Demonstrationen sei ihr Signal abgeschaltet worden. Nach Angaben des Roten Kreuzes sind viele der Todesfälle auf Schusswunden zurückzuführen. Die Organisation sprach von landesweit über 300 Verletzten, darunter auch viele Polizisten. Vizepräsidentin Rosario Murillo hatte am Freitagabend von zehn Toten gesprochen.
Als Bedingung für einen Dialog forderte der Unternehmerverband Cosep, dass die Regierung die Gewalt gegen die Demonstranten einstellen müsse. Auch müssten die protestierenden Jugendlichen und andere Sektoren der Gesellschaft an den Gesprächen beteiligt werden.
Im Zentrum des Protestes stehen Studenten und Rentner. Nicaragua ist das zweitärmste Land Lateinamerikas, der Mindestlohn liegt bei 170 US-Dollar pro Monat. Die Sozialversicherungsbeiträge sollen um bis zu 22,5 Prozent für mehr als 700 000 Beschäftigte steigen. Die Proteste richten sich aber auch gegen Rentenkürzungen.
Selbst Privatunternehmer kritisieren die geplante Anhebung der Rentenbeiträge. Es ist die größte Protestwelle in dem mittelamerikanischen Land seit dem Amtsantritt des umstrittenen linksnationalistischen Präsidenten und früheren Guerillakommandanten Daniel Ortega 2007.
Die nicaraguanische katholische Bischofskonferenz rief alle Seiten zu Besonnenheit auf. Sie appellierte an die Demonstranten, friedlich zu bleiben. Von den politisch Verantwortlichen forderten die Bischöfe, sie sollten den jungen Nicaraguanern auf den Straßen Gehör schenken. Agenturen/nd
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