EU stärkt Whistleblower

Kommission stellt Gesetzesinitiative vor

  • Nelli Tügel
  • Lesedauer: 3 Min.

Antoine Deltour war Mitarbeiter von PricewaterhouseCoopers (PwC) - und wurde zum Hinweisgeber für das, was als Luxleaks-Affäre europaweit für Aufsehen sorgte. Er hatte gemeinsam mit einem Kollegen Unterlagen öffentlich gemacht, die belegten, dass seine Firma in Zusammenarbeit mit der Luxemburger Steuerbehörde Großkonzernen dabei half, aggressive Steuervermeidungsmodelle umzusetzen. Dafür wurde 2014 Anklage gegen Deltour erhoben - er wurde verurteilt, die Bewährungsstrafe im Januar 2018 allerdings vom Kassationshof Luxemburgs aufgehoben. Das Verfahren zog sich über Jahre hin.

Deltour ist einer jener Hinweisgeber, sogenannte Whistleblower, die in den vergangenen Jahren an der Aufdeckung von Skandalen in Politik und Wirtschaft beteiligt waren. Viele aber schrecken aus Angst vor juristischer Vergeltung davor zurück, ihr Wissen über illegale Machenschaften zu teilen. Nach einer Studie der EU-Kommission betrage der finanzielle Schaden aufgrund fehlenden Schutzes von Hinweisgebern im öffentlichen Auftragswesen EU-weit zwischen 5,8 und 9,6 Milliarden Euro pro Jahr.

Die Kommission will daher Informanten künftig schützen und dafür Mindeststandards festlegen. Ein am Montag in Brüssel vorgestellter Gesetzentwurf würde Firmen und Behörden ab einer bestimmten Größe zum Aufbau eines internen Meldesystems verpflichten. Dieses muss Ansprechpartner für potenzielle Whistleblower nennen und dafür sorgen, dass ihre Identität vertraulich bleibt. Drei Monate hätten die Firmen oder Behörden Zeit, um auf Meldungen zu reagieren.

Liefe die Frist ab, ohne dass der Whistleblower eine Reaktion erhält oder der Missstand abgestellt wird, kann sich der Hinweisgeber an den Staat wenden. Auch dieser muss Adressaten und Prozedere für Whistleblower benennen. Wenn die einzelne Behörde oder Firma keinen internen Meldeweg hat oder dieser versperrt ist soll sich der Informant auch gleich an den Staat wenden können.

Die Veröffentlichung der Gesetzesverstöße durch die Whisteblower selbst, über die Presse oder Nichtregierungsorganisationen sieht die EU-Kommission als »letzten Ausweg«. Er solle erst beschritten werden, wenn Firma, Behörde und Staat dem Missstand nicht abhelfen. So solle »ungerechtfertigter« Rufschaden verhindert werden.

Auch hier sieht die Kommission aber Ausnahmen vor. Wenn der Whistleblower annehmen kann, dass Unternehmen oder Behörden und die staatliche Anlaufstelle unter einer Decke stecken, oder bei dringender Gefahr für öffentliche Interessen kann er sich zum Beispiel auch direkt an die Presse wenden. Hält sich der Informant an die Regeln, so soll das neue Gesetz ihm umfassenden Schutz vor Konsequenzen garantieren, also etwa vor Entlassung oder Haftungsansprüchen.

Der Vorstoß wurde von verschiedenen Seiten begrüßt: »Es ist überfällig, Whistleblower in Europa besser zu schützen. Wer im Interesse der Allgemeinheit schmutzige Geschäfte offen legt, zahlt dafür zu oft einen hohen Preis von Karriereende über Einschüchterung bis zu juristischer Verfolgung«, kommentierte Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag. Mit Agenturen

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