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Wohnen ohne Deutsche

Ein Volksbegehren fordert die Enteignung des Unternehmens Deutsche Wohnen

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Forderung nach Enteignung aller börsennotierten Wohnungsunternehmen klingt auf den ersten Blick wie eine utopische linke Spinnerei. Doch die Initiative »Spekulation bekämpfen - Deutsche Wohnen & Co enteignen« meint es durchaus ernst und strebt einen entsprechenden Volksentscheid in Berlin an. »Wenn der politische Wille vorhanden ist, wäre eine Enteignung dieser Unternehmen und ihre Überführung in Gemeineigentum unter Bezugnahme auf das Grundgesetz und die Berliner Landesverfassung durchaus möglich«, erklärte der Sprecher der Initiative, Rouzbeh Taheri, am Donnerstag bei der Vorstellung der Kampagne im Haus der Demokratie. Dies legten entsprechende juristische Gutachten nahe. Im Artikel 28 der Berliner Landesverfassung heißt es: »Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen.«

Die Deutsche Wohnen ist mit über 110 000 Wohnungen der mit Abstand größte Vermieter der Stadt. Sie setzt vor allem auf kostentreibende Modernisierungen, Instandhaltungen werden dagegen laut Mietern vernachlässigt. In vielen Häusern des Unternehmens haben sich in den vergangenen Jahren Mietergruppen gebildet, deren Berichte sich ähneln. Über Wochen oder gar Monate defekte Heizungen, überhöhte Betriebskostenabrechnungen und so weiter. Für viele der oftmals einkommensschwachen Mieter bedeuten Kaltmietenerhöhungen von 40 Prozent und mehr schlicht die Verdrängung aus ihrer Wohnung. Zudem versucht die Deutsche Wohnen immer wieder, die Verbindlichkeit des Mietspiegels für die Kappung von Mieterhöhungen infrage zu stellen, ist aber in den meisten Verfahren dieser Art gescheitert.

Getragen wird die Initiative von Mietergruppen aus fast allen Bezirken, darunter auch die seit vielen Jahren bekannte Gruppe »Kotti & Co«. Dabei ist auch die »Interventionistische Linke« (IL). Man sei zuversichtlich, auch noch prominente Unterstützer aus den Reihen der Berliner Regierungsparteien zu gewinnen, so Michael Prütz vom Vorbereitungskreis der Kampagne. Gerade SPD und LINKE hätten eine besondere Verantwortung für die betroffenen Mieter, »da die Bestände der Deutschen Wohnen größtenteils aus Wohnungen der einstmals kommunalen GSW stammen, die vom rot-roten Senat 2004 an Finanzinvestoren verkauft wurde«.

Mit dem angestrebten Volksbegehren sollen die Eckpunkte eines Gesetzes zur Überführung der Bestände der Deutschen Wohnen in Gemeineigentum zur Abstimmung gestellt werden. Dafür werden jetzt weitere juristische Expertisen eingeholt. Auch müssen einige formale Voraussetzungen erfüllt werden, zum Beispiel eine Kostenschätzung. Laut Prütz wird angestrebt, bereits Ende August mit der Unterschriftensammlung für die erste Stufe des Volksbegehrens zu beginnen.

Den Initiatoren geht es nicht nur um dieses Gesetz, sondern um eine »breite gesellschaftliche Debatte über Enteignungen und über den Missbrauch von Wohnimmobilien zu rein spekulativen Zwecken«, betonte Taheri. Das sei ein Thema, das nicht nur Mieter der Deutsche Wohnen betreffe. Es gebe weitere börsennotierte Unternehmen wie Vonovia, ADO und Akelius, die mit ähnlichen Geschäftsprinzipien agieren. Die erfolgreiche Großdemonstration gegen »Mietenwahnsinn« am 14. April habe gezeigt, dass Spekulation mit Wohnraum und explodierende Mieten »ganz große Themen in der Stadt sind«. Von der Kampagne verspricht sich Taheri auch einen »Vergrämungseffekt«. Finanzinvestoren, die in Berlin den großen Reibach auf Kosten der Mieter machen wollen, solle signalisiert werden, »dass sie hier nicht willkommen sind und mit hartem Widerstand rechnen müssen«.

Eine erste Reaktion gab es von der FDP. Deren Landesvorsitzender Christoph Meyer erklärte am Donnerstag, die Kampagne tangiere »einen der Grundpfeiler unseres Rechtsstaats«. Der Bundesvorsitzende der LINKEN, Bernd Riexinger, reagierte hingegen positiv auf den Vorstoß. »›Enteignung ist ein großes Wort - Gemeinwohl aber - ist ein größeres.‹ Die Aktiven von @dwenteignen haben recht. Wer mit der Miete nur Rendite machen will, wem die Mieter völlig egal sind, der kann und muss enteignet werden!«, teilte er am Donnerstag via Twitter mit.

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