Geld drucken mit Modernisierung

Tobias Scholz vom Mieterverein Dortmund über den Wohnungskonzern Vonovia

  • Lesedauer: 3 Min.

Warum kritisieren Mietervereine Vonovia?

Ein Hauptkritikpunkt sind die häufig sehr hohen Mieterhöhungen. Nach energetischen Modernisierungen sollen die Mieten oft um 1,50 Euro bis zu drei Euro steigen; aus manchen Städten sind noch stärkere Mieterhöhungen dokumentiert. Dem gegenüber stehen nur geringe Einsparungen bei den Energiekosten von etwa 0,30 bis 0,45 Cent. Das heißt, die Mieter zahlen ordentlich drauf. Ein anderes Thema ist die Mitbestimmung. Vonovia entscheidet Top Down, wann und wo sie Modernisierungen durchführt. Der Mieter muss das dann erdulden. Es gibt kein Mitspracherecht, was an den Häusern gemacht wird, ob eine Maßnahme sinnvoll ist und wie sie sich auf die Miete auswirkt. Das ist allerdings allgemein ein Problem und Ergebnis der gesetzlichen Regelungen im Mietrecht.

Tobias Scholz
Der Wohnungskonzern Vonovia fährt hohe Gewinne ein. Das verkündete Aufsichtsratschef Rolf Buch am Mittwoch bei der Hauptversammlung des DAX-Unternehmens in Bochum. Mietervereine kritisieren den Konzern für drastische Mieterhöhungen. Tobias Scholz vom Mieterverein Dortmund erklärt im Gespräch mit Sebastian Weiermann, warum die Mieter unzufrieden sind.

Oft wird kritisiert, Vonovia würde Instandsetzungsarbeiten als Modernisierungen ausgeben. Was ist der Unterschied?

Bei Modernisierungen muss es eine eindeutige Wohnwertverbesserung geben, etwa wenn ein Balkon angebaut wird. Ein anderes Kriterium ist die nachhaltige Energieeinsparung. Instandhaltung und Reparaturen dagegen muss der Vermieter tragen. Baumaßnahmen bestehen oft aus beidem. So stellt sich etwa bei einer Fassadendämmung die Frage, wie hoch der Instandhaltungsabzug bei einer 60 Jahre alten Putzfassade ist. Das gleiche gilt bei der Modernisierung von Bauteilen wie Fenster oder Balkone.

Welche konkreten Auswirkungen hat das für die Mieter?

Mieterhöhungen von 40 bis 50 Prozent sind keine Seltenheit. Bei Modernisierungen dürfen Vermieter bis zu elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Mieter umlegen. Das bedeutet, je teurer eine Modernisierung wird, desto stärker kann die Mieterhöhung ausfallen und zwar dauerhaft. Das Verhältnis zur Energieeinsparung spielt zudem gar keine Rolle. Für viele Menschen bedeutet dies erheblich steigende Wohnkostenbelastungen bis hin zum Umzug.

Warum verfolgt Vonovia diese Strategie?

Für Vonovia sind Modernisierungen ein entscheidender Werthebel in der Geschäftsstrategie. Der Konzern geht von einer Anfangsrendite von durchschnittlich sieben Prozent bei modernisierten Wohnungen aus. Das notwendige Investitionskapital kann für unter einem Prozent am Kapitalmarkt oder der Kreditanstalt für Wiederaufbau geliehen werden. Das Mietrecht erlaubt dann die Umlage von bis zu elf Prozent der Kosten im Jahr. Modernisierungen sind eine Gelddruckmaschine. Es gibt höhere Mieteinnahmen und die Immobilien können höher bewertet werden. Die Buchwerte steigen. Das ist ein Aspekt, warum Vonovia, aber auch andere Unternehmen auf Modernisierungen setzen. Die günstigen Zinsen treiben das zurzeit zudem stark an.

Was könnte auf politischer Ebene dagegen getan werden?

Die Bundespolitik hat hier viele Möglichkeiten, die Pläne der GroKo reichen aber für den Mieterschutz nicht aus. So könnte die Modernisierungsumlage komplett abgeschafft werden. Ein Zwischenschritt wäre es, die Höhe der Umlage von elf Prozent auf vier Prozent zu senken und eine Kappungsgrenze einzuführen, so dass eine Mieterhöhung nicht mehr als 1,50 Euro pro Quadratmeter betragen darf. Energetische Modernisierungen müssten warmmietenneutral sein.

Welche Möglichkeiten haben Mieter, sich gegen Vonovia zu wehren?

Mieter sollten eine Doppelstrategie fahren. Einerseits die Möglichkeiten des Mietrechtes konsequent nutzen. Zum Beispiel gibt es nach der Modernisierungsankündigung einen Monat lang die Möglichkeit Widerspruch einzulegen, wenn die Mieterhöhungen wirtschaftlich unzumutbar sind. Dabei ist wichtig, gleich zu Beginn wachsam zu sein. Wenn die Modernisierung durchgeführt und die Miete erhöht wurde, ist es oft zu spät. Trotzdem sollte man die erhöhte Miete bei den Mietervereinen prüfen lassen. Die andere Seite der Strategie ist, sich mit Nachbarn zu einer Mieterinitiative zusammenzuschließen. So ist es einfacher, Druck auf Vonovia auszuüben, Öffentlichkeit herzustellen und mit dem Konzern über die Maßnahmen und die Miethöhe zu verhandeln. Die Kombination aus mietrechtlichen Einsprüchen und nachbarschaftlicher Initiative verspricht am meisten Erfolg.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.