Chronist einer düsteren Welt

Von Arbeitern, Funktionären und der ergreifenden Macht des Bildes

  • Lesedauer: 3 Min.

Er wurde als Sohn eines Tischlers im Berliner Arbeiterbezirk Wedding geboren. Mit seinen Eltern und Geschwistern lebte er in äußerst kärglichen Verhältnissen. »Es ging bei uns um jede Scheibe Brot«, erinnerte er sich später. Wie viele Kinder seiner Generation musste er zum Unterhalt der Familie beitragen und sich deshalb nach Schulschluss als Gelegenheitsarbeiter verdingen. Für Hausaufgaben blieb da oft keine Zeit, was zur Folge hatte, dass er im Unterricht Prügel bezog.

Im Alter von zehn Jahren bekam er zum Geburtstag einen Aquarellkasten geschenkt. Die Bilder, die er damit malte, beeindruckten sogar den Direktor der Kunstgewerbeschule, der dem von uns Gesuchten daraufhin eine Freistelle an seiner Einrichtung zusicherte. Zuvor allerdings sollte er eine kunstgewerbliche Lehre absolvieren. Er entschied sich für die Glasmalerei und war enttäuscht. Denn seine Aufgabe bestand vor allem darin, Scheiben zu putzen und das Frühstück für den Meister zu besorgen. Während seiner Lehrzeit wurde er Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend. Es war für ihn daher selbstverständlich, dass er am 1. Mai nicht wie gewünscht zur Arbeit erschien, sondern sich einem Demonstrationszug anschloss. Als er deswegen von seinem Meister geohrfeigt wurde, brach er die Lehre ab und verdiente sein Geld als Fabrikarbeiter. Dass er sich in seiner Freizeit ausgiebig mit Malerei beschäftigte, stieß bei seinen Eltern auf Unverständnis. Allein seine Kollegen, die häufig auch seine Modelle waren, bestärkten ihn in seinem Tun.

Mit 18 Jahren schloss er sich der SPD an, trat jedoch im Verlauf des Ersten Weltkriegs zur USPD über. Obwohl er spät noch einen Gestellungsbefehl erhielt, kam er nicht an die Front, sondern aufgrund politischer Aktivitäten in ein Straflager. Nach dem Krieg wurde er Mitglied der neu gegründeten KPD. Fast zur selben Zeit ging es auch mit seiner Karriere als Künstler bergauf. Seine Bilder wurden öffentlich wahrgenommen und in Berlin erstmals in einer Ausstellung gezeigt. Beeinflusst vor allem durch Käthe Kollwitz und Heinrich Zille schärfte sich in der Folge sein Blick für die Schattenseiten der bürgerlichen Gesellschaft. Im Mittelpunkt seiner sozialkritischen Werke standen häufig von Not und Ausbeutung gezeichnete Menschen. Großen Anklang fand seine Kunst deshalb in der Sowjetunion, die er während der Weimarer Zeit auch persönlich besuchte.

Nach der Machtübernahme Hitlers wurde er mehrmals verhaftet und kam vorübergehend ins KZ Sachsenhausen. Anschließend erhielt er Malverbot im Atelier; zudem fiel ein Großteil seiner Werke dem Wüten der Nazis gegen »entartete Kunst« zum Opfer. Die Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg begriff er als Chance für einen demokratischen Neuanfang. Er engagierte sich für die Gründung des Kulturbundes und trat in die SED ein. Außerdem war er Mitglied des Volksrats der Sowjetischen Besatzungszone und gehörte später der DDR-Volkskammer an. Ungeachtet dessen warnte er vor den Gefahren einer ideologisch bornierten Kulturpolitik. Das blieb nicht ohne Konsequenzen. Während der sogenannten Formalismusdebatte, die sich unter anderem gegen die vermeintliche Dekadenz der Moderne richtete, sah er sich gezwungen, »Selbstkritik« zu üben. Er tat dies allerdings nicht zur vollen Zufriedenheit der Genossen und löste dadurch bei Walter Ulbricht einen Wutanfall aus.

Gleichwohl wurde er zum Präsidenten der Deutschen Akademie der Künste gewählt. Sechs Jahre hatte er dieses Amt inne, dann trat er zurück. Seinen Lebensabend verbrachte er in seinem Haus in Berlin-Biesdorf. Hier entstand das Werk »Der alte Maler«, sein letztes großes Selbstbildnis, das einen müden, ins Leere blickenden Mann zeigt. Aber noch einmal raffte er sich auf und schuf den nostalgischen Bilderzyklus »Abschied vom Fischerkietz«. Nicht lange danach starb er - im Alter von 72 Jahren. Wer war’s?

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