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- Mobilitätsgesetz
Auch ein Auto hat Bedürfnisse
Jérôme Lombard findet, dass auch Autofahrer mobil sein dürfen.
Das Mobilitätsgesetz ist eines der symbolträchtigen Vorhaben des rot-rot-grünen Senats. Das ist notwendig, ist doch die Frage nach der Mobilität in der Großstadt vor dem Hintergrund der wachsenden Bevölkerungszahlen sowie der Klimafrage eine der entscheidenden Zukunftsaufgaben. Ebenso vernünftig ist es, die Fahrradfahrer und den öffentlichen Nahverkehr nachhaltig zu stärken. Schließlich steigen immer mehr Menschen auf den Drahtesel sowie Bus und Bahn um und leisten damit einen nicht unerheblichen Beitrag zum Ziel der klimaneutralen Stadt.
Wenn das Mobilitätsgesetz also den Ausbau von Rad- und Gehwegen und die Verbesserung des ÖPNV vorsieht, ist das richtig und wichtig. Ebenso richtig und wichtig ist aber auch die Initiative der SPD, den Autoverkehr mit in den Gesetzestext aufzunehmen. Will man die Menschen auf die Reise zur Mobilität der Zukunft mitnehmen, dürfen die Verkehrsteilnehmer hier und jetzt nicht gegeneinander ausgespielt werden. Nicht jedem, der heute in sein Auto steigt, ist das Klima schnuppe. Nicht jeder, der mit dem Auto zur Arbeit fährt, ist zu faul, den gleichen Weg mit dem Fahrrad zurückzulegen. Nicht jeder, der nachts lieber mit dem Taxi statt mit der Bahn nach Hause fährt, hat einfach zu viel Geld übrig.
Es gibt für viele Menschen viele gute Gründe, das Auto als Verkehrsmittel zu nutzen. Das ist eine Realität, die nicht aus ideologischer Borniertheit heraus in Abrede gestellt werden darf, sondern schlicht anerkannt werden muss. Hinzu kommt, dass die ÖPNV-Verbindungen und die Radwegeinfrastruktur aufgrund der Lage und der Größe in den zwölf Berliner Bezirken sehr unterschiedlich sind. Während man sich in Friedrichshain oder Kreuzberg fast an jeder Ecke auf ein Leihrad schwingen oder in ein Car-to-Go steigen kann, sieht das in Spandau oder Marzahn-Hellersdorf bis dato anders aus. Eine zukunftsweisende Verkehrspolitik hat die Verschiedenheit der Menschen und der Bezirke im Blick.
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