Ohne Smartphone auf der Walz
Wandergesellen sind in Sachsen-Anhalt mehr als 1000 Tage unterwegs
Sie sind mehr als 1000 Tage ohne Smartphone unterwegs und dürfen nicht näher als 50 Kilometer an ihre Heimatstadt heran: Noch immer gehen junge Männer und Frauen in Sachsen-Anhalt auf die Walz. Zwar habe die Zahl der Wandergesellen in den vergangenen Jahren abgenommen, sagte Holger Tintemannn von der Vereinigung der rechtschaffenen fremden Zimmerer- und Schieferdeckergesellen in Halle/Saale. Das hänge vor allem mit den schwankenden Ausbildungszahlen zusammen. Tintemanns Organisation ist zuständig für das Bauhauptgewerbe und schickt jährlich in ganz Deutschland zwischen 20 und 30 Gesellen auf die Walz.
Rechne man alle Organisationen und Branchen zusammen, seien etwa 200 bis 300 Gesellen pro Jahr unterwegs. Der Reiz? »Weiterkommen im Handwerk«, so Tintemann. Demnach wollen die Gesellen lernen, wie anderswo gearbeitet wird - nicht nur in verschiedenen Regionen Deutschlands, auch in fremden Ländern. Aus der Not heraus gingen Gesellen heute aber nicht mehr auf die Walz. »Es geht um die Kombination aus Reisen und Arbeiten.«
Auch bei der Handwerkskammer (HWK) in Magdeburg kommen jedes Jahr Gesellen unter. 2017 waren es 27, im Jahr zuvor 14, teilte eine Sprecherin mit. Besonders häufig seien Tischler oder Maurer vertreten. Vereinzelt kämen Bäcker, Schneider oder Gärtner. Zahlen, wie viele Wandergesellen aus Sachsen-Anhalt stammen, hat die HWK nicht. »Im letzten Jahr wissen wir von einer Tischlerin, die ihre Walz in Magdeburg begonnen hat.« Bei den meisten Organisationen gelten noch die traditionellen Regeln der Walz: Ungebunden, schuldenfrei und jünger als 30 Jahre alt müssen die Männer und Frauen sein. Auch ein Smartphone zu haben, ist untersagt. »Die Gesellen sollen sich traditionell bewegen«, so Tintemann. Einen Computer oder ein Handy dürften sie während der drei Jahre und einem Tag auf Walz zwar benutzen - »nur nicht besitzen«. dpa/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.