Keine Ermittlungen gegen vermummte Polizisten

Hamburger Staatsanwaltschaft verzichtet auf die Aufnahme eines Verfahrens

  • Fabian Hillebrand
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft sieht keinen Grund für Ermittlungen gegen verdeckte Ermittler bei einer linksautonomen Demonstration gegen den G20-Gipfel Anfang Juli 2017. »Wir haben das geprüft«, sagte Oberstaatsanwältin Nana Frombach am Donnerstag. Polizeibeamte im Einsatz fielen nicht unter das Versammlungsgesetz. Das Vermummungsverbot, das Teil des Gesetzes ist, gelte für sie nicht.

Darum sehe die Staatsanwaltschaft auch keinen Anlass, von Amts wegen zu ermitteln. Gegenüber dem »nd« kritisierte Juliane Nagel von der LINKEN die Auffassung der Hamburger Staatsanwaltschaft: »Die Entscheidung ist ein fatales Signal, es bedeutet, dass für zukünftige Demonstrationen immer die Gefahr besteht, dass politische Straftaten von Zivilpolizisten aus der Versammlung heraus begangen werden könnten«.

In der vergangenen Woche hatte ein Zivilpolizist während eines Prozesses gegen einen mutmaßlichen Randalierer ausgesagt, gemeinsam mit drei anderen sächsischen Kollegen im Schwarzen Block der »Welcome to hell«-Demonstration in Hamburg als verdeckte Ermittler dabei gewesen zu sein.

Der Fall beschäftigt seitdem Politik und Justiz. Besonders brisant daran ist, dass die autonome Großdemonstration am Vorabend des G20-Gipfels von der Polizei am Losgehen gehindert und aufeglöst wurde, weil Teilnehmer*innen der Demo vermummt gewesen waren. Sollte sich herausstellen, dass unter den vermummten Demonstranten tatsächlich sächsische Polizisten gewesen seien, macht das die Entscheidung der Einsatzleitung, die Demonstration aufzulösen, noch fragwürdiger als sowieso schon.

In einer Sondersitzung des sächsischen Innenausschusses wurden die Vorfälle am Freitagmittag ebenfalls thematisiert. In der Sitzung habe sich nicht klären lassen, ob sächsische Polizisten - möglicherweise vermummt - bei der aufgelösten »Welcome to Hell«-Demo zugegen waren, teilten die innenpolitischen Sprecher Enrico Stange (LINKE) und Valentin Lippmann (Grüne) mit. Laut Stange ergab die Sondersitzung aber, dass Polizisten seit 1997 als unauffällig gekleidete »zivile Tatbeobachter« eingesetzt werden. Ob das mit dem Versammlungsrecht vereinbar ist, zweifeln die Sicherheitsexperten von Linkspartei und Grünen an.

Kritik kommt auch aus der außerparlamentarischen Linken. Emily Laquer war an der Organisation der Proteste gegen den G20-Gipfel beteiligt. Sie erklärte gegenüber »nd«, sogenannte »agents provocateurs«, also von der Polizei in eine Versammlung eingeschleuste Beamte, die Versammlungsteilnehmer zu Straftaten Anstiften, seien »nur ein Beispiel für den insgesamt auf Einschüchterung und Unterdrückung von Protesten angelegten G20-Einsatz«.

Laquer kritisiert, dass »Versammlungen kilometerweit verboten wurden, Camps rechtswidrig geräumt, Organisatoren denunziert, Demos zerschlagen, Aktivisten verprügelt und zu Unrecht eingesperrt worden seinen«. Sie mache es wütend, dass die Verantwortlichen für solche »Schweinereien«, wie zum Beispiel den Einsatz von »agents provocateurs«, auch noch befördert werden. Damit bezieht sie sich auf den hauptsächlich für die G20-Einsatzleitung verantwortlichen Polizisten Hartmut Dudde, der sich mit seinen Referenzen laut Laquer »auch in Ungarn bewerben könnte«.

Nagel fordert nach den ausbleibenden Ermittlungen durch die Hamburger Staatsanwaltschaft gegenüber »nd« eine finale Klärung der juristischen Situation. »Wenn Polizisten in zivil in Demonstrationen agieren dürfen, ohne sich zu erkennen zugeben, höhlt das die Versammlungsfreiheit aus und schafft große Rechtsunsicherheit für Demonstrationsveranstalter und – teilnehmer«, so die Politikerin.

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