Die Hälfte will den Job wechseln

Die meisten sind zufrieden mit ihrer Arbeit, viele unzufrieden mit dem Arbeitsplatz

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Beschäftigten hierzulande sind offenbar in Jobwechsellaune. Die Hälfte aller angestellten Mitarbeiter sind mit ihrem Arbeitsplatz so unzufrieden, dass sie darüber nachdenken, ihn zu wechseln. Dies ist das Ergebnis einer am Freitag veröffentlichten repräsentativen Umfrage der Personalvermittlungsfirma ManpowerGroup Deutschland. Für ihre Studie ließen die Personaler 1010 Bundesbürger online befragen.

Doch wie passt dieses Ergebnis zu einer anderen Erhebung bezüglich Zufriedenheit am Arbeitsplatz? Ende April veröffentlichte das Statistische Bundesamt anlässlich des 1. Mai, dem Tag der Arbeit, eine Statistik, die auf den ersten Blick im Widerspruch zu den Zahlen der Personalfirma steht. Laut den amtlichen Statistikern waren nämlich 89 Prozent der Erwerbstätigen hierzulande zufrieden mit ihrer Tätigkeit. 33 Prozent waren sogar sehr zufrieden.

Für Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) stehen die beiden Statistiken nicht im Widerspruch. Ihm zufolge ist die Zufriedenheit der Beschäftigten hierzulande mit ihrer Berufstätigkeit seit den 1970er Jahren konstant hoch. Doch was man auf der Arbeit macht, ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, wie man für seine Tätigkeit bezahlt und vom Chef behandelt wird. »Wenn der Lohn oder das Verhältnis zum Arbeitgeber nicht stimmt, dann haben die Angestellten bei einer guten Konjunktur bessere Chancen, ihren Job zu wechseln«, sagt Brenke.

So ist das Gehalt laut der Personalerumfrage der wichtigste Grund für den Wunsch nach einem Jobwechsel. 22 Prozent der Befragten gaben an, eine besser bezahlte Stelle zu suchen. 15 Prozent fühlen sich zudem nicht ausreichend in ihrer Arbeit wertgeschätzt, zwölf Prozent beklagen das schlechte Arbeitsklima und neun Prozent eine mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Lediglich zwölf Prozent wollen in den nächsten zwölf Monaten kündigen, weil sie Abwechslung und neue Projekte suchen.

Unterdessen ist der Anteil der Unzufriedenen in den vergangenen beiden Jahren kontinuierlich gestiegen. 2016 gaben gegenüber der ManpowerGroup noch 44 Prozent der Befragten an, wechseln zu wollen. 2017 waren es schon 46 und dieses Jahr eben 50 Prozent. Hauptgrund war auch die beiden Jahre zuvor schon die Aussicht auf ein besseres Gehalt.

Man kann also sagen, dass nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Beschäftigten den Fachkräftemangel spüren. Seit fast einem Jahrzehnt geht die Zahl der Arbeitslosen kontinuierlich zurück, viele Firmen suchen händeringend nach geeignetem Personal. Dies motiviert eben auch manch einen Angestellten, mal eine Bewerbung zu schreiben, wenn er unzufrieden mit dem Treiben seines Chef ist.

Indes ist in den letzten Jahren nicht nur die Zahl der Beschäftigten gestiegen, sondern auch deren Einkommen. Wie das DIW berechnet hat, sind die realen verfügbaren Einkommen in Deutschland von 1991 bis 2015 im Schnitt um 15 Prozent gewachsen. Von dieser Entwicklung profitierten jedoch nicht alle gleich: Während die reichsten zehn Prozent fast ein Drittel mehr Einkommen verbuchen konnten, musste das ärmste Zehntel mit weniger auskommen.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.