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»Erzieherberuf muss attraktiver werden«
Bildungssenatorin Scheeres (SPD) will deutlich höhere Löhne für Erzieher, um die Kitakrise zu beheben
Am Samstag wollen Erzieher zusammen mit Eltern auf die Straße gehen, um auf die Kitakrise aufmerksam zu machen. Werden Sie spontan bei der Demonstration vorbei schauen?
Wenn ich das jetzt ankündigen würde, wäre es nicht mehr spontan. Aber wir haben die Organisatoren der Demo bereits zu einem Gespräch eingeladen. Diese haben großes Interesse gezeigt, leider konnten sie nicht mehr vor der Demo. Ich nehme die Sorgen von Eltern und Erziehern sehr ernst. Viele Forderungen decken sich mit dem, was ich will: mehr Kitaplätze, gute Betreuungsschlüssel und eine bessere Bezahlung der Erzieher. Vieles haben wir schon erreicht, unter anderem haben wir rund 40 000 neue Kitaplätze geschaffen und die Personalschlüssel in den Kitas verbessert. Aber die Kinderzahlen steigen rasant und es ist eine enorme Herausforderung, damit Schritt zu halten.
Sandra Scheeres ist seit Dezember 2016 Bildungssenatorin in der rot-rot-grünen Koalition. Zuvor war sie bereits fünf Jahre lang Senatorin für Jugend, Bildung und Wissenschaft. Seit 1993 ist sie Mitglied der SPD. Scheeres absolvierte eine Ausbildung zur Erzieherin und studierte im Anschluss Pädagogik. Über die Kitakrise und mögliche Maßnahmen gegen den Notstand sprach mit der 48-Jährigen für »nd« Jérôme Lombard.
Hauptgrund für die dramatische Situation ist der Erziehermangel. Wie können möglichst schnell Fachkräfte geworben werden?
Durch eine ganze Reihe von Maßnahmen. Die schnellste Möglichkeit ist der Quereinstieg. Wir müssen mehr Menschen für die berufsbegleitende Ausbildung und mehr Fachkräfte aus verwandten Berufen gewinnen. Derzeit beschäftigt nur knapp die Hälfte der Kitas Quereinsteigende, da ist noch Luft nach oben. Was mich freut: Es ist uns gelungen, dass in Berlin die Erzieherausbildung als Umschulung durch die Arbeitsagentur gefördert werden kann. Dadurch ebnen wir den Weg in den Beruf für Menschen, die sich umorientieren möchten. Aber damit sich insgesamt mehr Menschen für den Erzieherberuf entscheiden, muss er attraktiver werden: durch eine bessere Bezahlung und eine vergütete Ausbildung. Es ist ein wunderbarer Beruf, aber das Geld muss stimmen.
SPD-Bundesfamilienministerin Franziska Giffey fordert, Erzieher so gut zu bezahlen wie Grundschullehrer. Kann sich Berlin das leisten?
Berlin kann und muss es sich leisten, dass Erzieherinnen und Erzieher deutlich besser bezahlt werden. Um wie viel mehr, muss in der nächsten Tarifrunde Anfang 2019 verhandelt werden. Da sitzen die Bundesländer und die Gewerkschaften am Tisch. Klar ist für mich: Es muss einen deutlichen Schritt vorwärts gehen - nicht nur eine Zulage von 80 Euro wie in der vorherigen Runde. Ich möchte eine generell höhere Eingruppierung erreichen.
Die Bildungsgewerkschaft GEW wünscht sich mindestens 500 Euro mehr pro Monat für Erzieher. Ist das realistisch?
Das wird die nächste Tarifrunde zeigen, da verhandelt die Gewerkschaft ja mit.
Sie haben sich für »temporäre Überbelegungen« von Kitagruppen ausgesprochen. Die Eltern fürchten, dass größere Gruppen die Betreuung der Kinder verschlechtern. Sollten die Eltern froh sein, dass sie überhaupt einen Kitaplatz ergattert haben?
Ich bin kein Fan von Überbelegungen. Aber die jüngste Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts hat unmissverständlich klargestellt, dass der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz umzusetzen ist und dass er Vorrang hat. Seit April hat die Kitaaufsicht rund 200 Überbelegungen genehmigt. Zum Vergleich: Wir haben rund 170 000 Plätze in der Stadt. Bei jedem einzelnen Fall prüft die Kita-Aufsicht, ob trotz Überbelegung eine gute Betreuung sichergestellt ist. Nur dann wird sie erlaubt.
Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg werden Kitaplätze nur noch an Bezirkskinder vergeben. Ist das eine praktikable Lösung für den Kitaplatzmangel?
Nein. Ich möchte nicht, dass die Bezirke sich abschotten. Der Kita-Gutschein soll weiter für die ganze Stadt gelten. Aber die Bezirke müssen Kindern mit Rechtsanspruch einen Kita-Platz vermitteln. Deshalb kann das höchstens in Ausnahmefällen eine Möglichkeit sein.
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