Vivantes-Kliniken sehen keinen Gesprächsbedarf
Beschäftigte der Tochtergesellschaft VSG streiken seit über sieben Wochen für Lohnangleichung
»Der Senat muss sein Versprechen halten, die Löhne bei den Tochterunternehmen an den TVöD anzugleichen«, sagt Janine Balder, zuständige Gewerkschaftssekretärin bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Auch von der Vivantes-Geschäftsführung sei man enttäuscht, denn diese zeige auch in der mittlerweile siebten Streikwoche keine Reaktion. Es habe bisher nur ein einziges Angebot gegeben, welches für ver.di nicht verhandelbar gewesen sei. Die Streikenden seien der Bitte nach einer Konkretisierung der Forderung zwar schon am 8. Mai nachgekommen, aber eine Antwort von Arbeitgeberseite blieb aus. »Unser wichtigstes Bestreben ist es, endlich mit der Geschäftsführung ins Gespräch zu kommen«, sagt Balder. »Keine Reaktion zu bekommen, und das bei einem kommunalen Unternehmen, ist ein Armutszeugnis.«
Am Mittwoch wurde wieder demonstriert. Vor dem Roten Rathaus sammelten sich die Streikenden. Sie trugen Warnwesten und hielten große Transparente. »Vivantes + Vivantes Service GmbH / 1 Betrieb = 1 Tarifvertrag« war auf einem zu lesen. Dann begann das Trillerpfeifenkonzert der Streikenden.
So versuchten die Beschäftigten der Vivantes Service GmbH (VSG), Tochtergesellschaft des kommunalen Krankenhauskonzerns Vivantes, den Senat durch lautstarke Präsenz zu einer Reaktion auf ihre Forderungen zu bewegen. Startpunkt der Streikdemonstration war die Finanzverwaltung.
Vivantes-Pressesprecherin Kristina Tschenett sagt gegenüber »neues deutschland«, dass es ein gutes Angebot gegeben habe, ver.di jedoch daraufhin den Verhandlungstisch verlassen habe. Vivantes müsse auf wettbewerbsfähige Tarifstrukturen achten. »Der ›TVöD für alle‹ ist nicht finanzierbar und würde das Unternehmen wieder in ein strukturelles Defizit führen«, so Tschenett. Auf die Frage nach zukünftigen Gesprächen mit ver.di und den Beschäftigten gibt sie keine Antwort. Das Verhalten der Geschäftsführung kritisiert auch Thomas Gapa, Mitglied der Tarifkommission. Er arbeitet in der Transportanlage im Klinikum Neukölln und ist bei der VSG beschäftigt. »Mich kotzt an, dass der Arbeitgeber sich nicht positioniert«, sagt er. Das sei eine grobe Missachtung der Beschäftigten und es müsse endlich zu Verhandlungen kommen. »Wichtig ist, dass überhaupt ein Tarifvertrag zu Stande kommt«, sagt Gapa. Nur so könnten sich Arbeitnehmer gegen zu niedrige Löhne wehren. Gapa befürchtet, dass der Streik von außen kleiner wirkt, als er eigentlich ist. »Viele denken, wir seien nur dieser kleine Haufen von 70 Menschen, aber viele weitere Beschäftigte, die den Streik unterstützen, müssen im Notdienst arbeiten.«
Wie schon in den vergangenen Wochen zeigten die Pflegekräfte, die bei Vivantes unter dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) beschäftigt sind, ihre Unterstützung. Durch einen Solidaritätsstreik blieben neun von 14 Operationssälen im Vivantes-Klinikum in Friedrichshain am Donnerstag von Dienstbeginn bis 14 Uhr geschlossen. »Die planbaren Operationen sind abgesagt worden, aber die Notfallversorgung ist natürlich gesichert«, sagt Silvia Habehorst, Pflegekraft bei Vivantes. Auch der Kreißsaal bleibe offen und Kinder würden weiterhin versorgt. Bei einem ähnlichen Solidaritätsstreik am Freitag seien nur 30 von geschätzten 60 Operationen am Tag durchgeführt worden, so Habehorst. »Es ist einfach, die TVöD-Beschäftigten zu mobilisieren, denn das Verständnis ist groß.«
Ebenfalls solidarisch zeigt sich Pflegekraft Sascha Lintermans. »Es ist eine Sauerei«, sagt er, »wir sind ein Team und ein Krankenhaus, ohne die Kollegen in der Sterilisation und den restlichen Bereichen würde das hier nicht laufen.« So könne es nicht sein, dass die VSG-Beschäftigten teilweise 1000 Euro weniger im Monat bekommen, obwohl sie die gleiche Arbeit leisten. »Deshalb sind wir aus den Operationen mit hier draußen.«
Bis ein Gespräch mit der Geschäftsführung erwirkt werden könne, müsse weiter Präsenz gezeigt werden. Aktuell sind die Beschäftigten noch bis diesen Montag von ver.di zum Streik aufgerufen. Weitere Streiktage seien jedoch im Gespräch, sagt Gewerkschaftssekretärin Balder.
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