Italien steuert auf Neuwahlen zu

Präsident Mattarella lehnt Kandidaten für Amt des Finanzministers ab / Wirtschaftsexperte Cottarelli soll Übergangsregierung führen

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Rom. Der Wirtschaftsexperte Carlo Cottarelli soll Italien aus der Krise führen. Staatspräsident Sergio Mattarella beauftragte den ehemaligen Direktor beim Internationalen Währungsfonds am Montag, eine Expertenregierung zu bilden. Diese könnte das Land dann zu einer Neuwahl führen.

Cottarelli war von 2008 bis 2013 Direktor beim Internationalen Währungsfonds. Auch diente der 1954 im norditalienischen Cremona geborene Cottarelli in einer Regierung unter Ministerpräsident Enrico Letta als »Sparkommissar«. Mit der Personalie hofft Mattarella auch, die unruhigen Finanzmärkte zu stabilisieren und das Vertrauen in Italien wiederherzustellen.

Nach dem Scheitern der Regierungsbildung aus den EU-kritischen Parteien Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und rassistischer Lega hatte Italiens Staatschef nach einem Ausweg aus der Krise gesucht. Allerdings gerät Mattarella selbst in Bedrängnis. M5S und Lega kritisierten sein Vorgehen als undemokratisch und pochen auf eine schnelle Neuwahl. Die wäre allerdings frühestens im Oktober möglich.

M5S-Chef Luigi Di Maio brachte am Sonntagabend sogar ein Amtsenthebungsverfahren ins Gespräch. Dies wäre eine langer und aufwendiger Prozess.

Fast drei Monate nach der Parlamentswahl war der Versuch der Anti-Establishment-Parteien, eine Regierung zu bilden, am Sonntag überraschend gescheitert. Ihr gemeinsamer Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten, Giuseppe Conte, gab nach nur vier Tagen den Regierungsauftrag an Mattarella zurück. Mattarella hatte sich verwehrt, den Euroskeptiker Paolo Savona zum Finanzminister der Koalition zu ernennen. Er könne keinen Kandidaten akzeptieren, der einen Euro-Ausstieg Italiens ins Spiel bringe, hatte er gesagt.

Die Unsicherheit über die Haltung Italiens zum Euro hatte italienische und ausländische Investoren in Alarmstimmung versetzt. Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft Europas und hoch verschuldet. Auch daher blickt Europa mit Bangen in Richtung Rom.

In Italien muss der Präsident das Kabinett erst absegnen, bevor es sich im Parlament zur Wahl stellt und die Regierungsgeschäfte aufnehmen darf. Sowohl die Lega als auch die M5S sehen in Mattarellas Entscheidung einen direkten Angriff auf demokratische Grundsätze. »Er repräsentiert die Interessen der anderen Länder, (...) wir sind eine deutsche oder französische Kolonie«, sagte Lega-Chef Matteo Salvini.

Lega und Fünf-Sterne-Bewegung hatten schon erklärt, einer Technokratenregierung im Parlament nicht zuzustimmen. Da beide Parteien die Mehrheit in den Kammern haben, ist davon auszugehen, dass eine Übergangsregierung das Land lediglich zur Neuwahl führt.

Eine neue Wahl ist frühestens im Oktober möglich. Aber auch dann droht eine ähnliche Hängepartie wie am 4. März. Damals war die M5S mit 32 Prozent stärkste Kraft geworden. Die Lega hatte 17 Prozent innerhalb einer Mitte-Rechts-Allianz bekommen, die insgesamt auf rund 37 Prozent gekommen war. Beiden fehlte allerdings die Mehrheit.

Da die »gemäßigten« Parteien wie die Sozialdemokraten am Boden liegen, ist es wahrscheinlich, dass M5S und Lega noch mehr Zulauf bekommen. Wegen eines komplizierten Wahlgesetzes kämen sie aber möglicherweise auch bei einem zweiten Anlauf nicht auf eine Mehrheit. Dann stünde Italien genauso da wie jetzt. dpa/nd

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