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Eine offene Rechnung

Berlins Basketballer wollen gegen Bayern München ihre lange Titelpause beenden

Etwas mehr als einen Monat ist es her, da saß Akeem Vargas auf einer Holzbank in der Trainingshalle von Alba Berlin. Der 28-Jährige spielt seit 2013 Basketball in der Hauptstadt und sprach kurz vor dem Beginn der Playoffs so selbstverständlich vom Ziel Meisterschaft, als ob Alba in den vergangenen Jahren reihenweise Titel gesammelt hätte. Dabei war Berlin letztmals 2008 deutscher Meister, weshalb Vargas auch fast der einzige war, der schon damals sagte: «Ich will im Juni die Bayern schlagen und Meister werden.» Alle anderen wollten erst mal nur ins Halbfinale. An diesem Sonntag beginnt die Finalserie, und wie von Vargas vorhergesagt, treten die Berliner in Spiel eins in München an. Und mittlerweile spricht bei Alba aber jeder vom Titel.

Defensivspezialist Vargas wäre aber nicht der emotionale Leader der Mannschaft, wenn er nicht wieder einen Schritt vor den anderen herlaufen würde. «Ich bin der Meinung, dass wir der Favorit sind», sagte er nun wieder auf jener Trainingsbank. «Die Bayern haben mit unserem Stil Probleme, wenn wir schnell spielen.» Manager Marco Baldi pfeift Vargas längst nicht mehr zurück, auch wenn er anderer Meinung ist. Für ihn sei Alba weiterhin der «Außenseiter», schließlich habe München im Pokalfinale gewonnen und sich in der Hauptrunde den Heimvorteil in einem entscheidenden fünften Spiel gesichert. «Trotzdem können wir die Krone gewinnen und werden alles daran setzen, das auch zu tun», so Baldi.

Baldi stapelt immer tief, Vargas fährt in Sachen Selbstvertrauen immer auf der Überholspur. Die Realität liegt irgendwo dazwischen. Und da gibt es so einiges, das für die Bayern spricht - aber eben auch einiges für Alba: In der jüngeren Vergangenheit waren die Berliner gegen München in den Playoffs oft chancenlos: Viermal in fünf Jahren schieden sie gegen die Bayern aus. Dass es aber nicht wieder so kommen muss, zeigten jüngst die Münchener selbst. Sie scheiterten ebenfalls vier mal an Bamberg, konnten sie dieses Jahr im Halbfinale aber endlich bezwingen. Nun will Vargas seine Rechnung begleichen. «Es hätte einen süßen Geschmack, wenn man gegen die Bayern die Meisterschaft einfahren würde. Das könnte die Geschichte schön abrunden», hofft er.

Alba scheint zudem bei weitem nicht so chancenlos wie in der jüngeren Vergangenheit. Der Trainer von Halbfinalgegner Ludwigsburg, John Patrick, war an den Berlinern geradezu verzweifelt. «Alba spielt hart, aber auch sehr clever. Man kann sich als gegnerischer Trainer kaum auf alles vorbereiten, denn sie machen so viele Dinge richtig», sagte Patrick am vergangenen Sonntag in Berlin. «Wir haben versucht, alle Spielzüge von Alba zu lernen, aber die Berliner treffen immer wieder gute Entscheidungen, wenn ein Spielzug mal nicht funktioniert. Sie lesen das Spiel sehr gut, die Ballbewegung ist exzellent, und sie agieren schnell. Sehr wenige Mannschaften spielen so attraktiven und gleichzeitig intensiven Basketball wie Alba.»

Die meisten Kommentatoren machen Berlins neuen Trainer Aito Reneses dafür verantwortlich, doch so wichtig dessen Verpflichtung auch war, die neue Unberechenbarkeit machen die vielen neuen Spieler aus, die alle gut treffen können. Gegen Ludwigsburg war es Spencer Butterfield, der nach Belieben punktete: «Ich habe meinen Rhythmus gefunden, und die Mannschaft versteht es immer gut, genau den Mann zu finden, der gerade einen guten Rhythmus hat. Jeder kann einen guten Abend erwischen», sagte er nach dem glatten 3:0-Durchmarsch.

Wichtige Punkte steuert auch immer wieder Joshiko Saibou bei, in dem vor der Saison die meisten nur einen Rollenspieler mit wenigen Spielminuten sahen. Doch er ist zum Inbegriff von Albas Energie in der Abwehr und Abgeklärtheit im Angriff geworden. Wir sind super variabel, machen den Ball schnell. Es hat mir noch nie so viel Spaß gemacht, Basketball zu spielen. Unser Stil ist super schön, und wir stehen im Finale.«

Das Problem an der Sache ist nur, dass Alba mit den Münchnern nun erstmals in diesen Playoffs einen Gegner hat, der ebenso variabel spielen kann. »Die Bayern setzen viel mehr Spieler ein als unsere bisherigen Kontrahenten. Da werden wir noch mehr Energie brauchen, um sie zu schlagen«, glaubt Saibou.

Apropos schlagen: Beim letzten Aufeinandertreffen tauschten Saibou und Münchens Reggie Redding ein paar Schwinger aus. Beide wurden disqualifiziert, Alba gewann das Match. Redding spielte einst für Alba und freut sich jetzt aufs Wiedersehen: »Das könnte interessant werden.«

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