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Gewerkschaft klärt Verhältnis zu Labour
Transportgewerkschaft RMT beendet vorerst Kontroverse
Unterstützung für das linke Programm von Labour Parteichef Jeremy Corbyn, aber kein Zusammenschluss der Transportarbeitergewerkschaft RMT mit der Labour Partei zu diesem Zeitpunkt. So lässt sich die am 30. Mai im Rahmen einer außerordentlichen Generalversammlung von einer knappen Mehrheit der anwesenden Delegierten beschlossene Resolution zusammenfassen.
Die RMT-Gewerkschaft spielt in der britischen Gewerkschaftsbewegung eine wichtige Rolle. Einerseits steht sie für Unbeugsamkeit und hohe Streikbereitschaft. Es vergeht in Großbritannien kein Monat ohne eine Kampfmaßnahme der RMT bei den Eisenbahnen, der Londoner U-Bahn oder im Schiffsverkehr. Andererseits war es im späten 19. Jahrhundert eine Vorläufergewerkschaft der RMT, die den Boden zur Gründung von Labour als politischen Arm der Gewerkschaftsbewegung bereitete.
Bis in die späten 1980er Jahre hatten die Gewerkschaften in der Partei ein großes Mitspracherecht. Im Rahmen des neoliberalen Umbaus von Labour unter dem damaligen Vorsitzenden Tony Blair in den 1990er Jahren wurde dieser Einfluss massiv zurückgedrängt. Ab 1997 befürwortete Labour aktiv die Privatisierung der Eisenbahnen während die RMT deren Verstaatlichung fordert. 2004 kam der Bruch als schottische RMT-Ortsverbände begannen, sozialistische Kandidaten links von Labour bei Wahlen zu unterstützen. Die RMT wurde deshalb aus der Partei ausgeschlossen. Als Reaktion beteiligt sich die Gewerkschaft am linken Wahlbündnis TUSC.
Der jetzige Labour-Vorsitzende Jeremy Corbyn hat die Positionen der RMT auch während der Blair-Jahre immer im Parlament vertreten. Er zählte in diesen Jahren zu den wenigen Unterstützern linker gewerkschaftlicher Positionen im Unterhaus. Die RMT war die erste Gewerkschaft, die seine Kandidatur für den Parteivorsitz im Jahr 2015 finanzierte, obwohl sie da schon lange nicht mehr Teil der Partei war. Es ist also kein Wunder, dass sich durch seinen Parteivorsitz die Frage nach der Positionierung zur Labour-Partei für die RMT neu gestellt hat.
Auf ihrer Delegiertenkonferenz im Juni 2017 beschloss die Gewerkschaft die Debatte in die Ortsverbände zu tragen. Zusätzlichen Aufwind erhielt die Diskussion durch ein offizielles Schreiben der Labour-Partei, in dem diese die Gewerkschaft zum Beitritt einlud. Doch für die RMT-Mitglieder war das keine leichte Debatte. Der Hauptgrund liegt in der nach wie vor ungeklärten politischen Verfassung der Partei: Zwar hat Labour einen linken Vorsitzenden. Doch die große Mehrheit der Parlamentsfraktion fühlt sich nach wie vor einem blairistischen Programm verpflichtet.
Ein Neueintritt in die Labour-Partei hätte bedeutet, dass die RMT einen Geldbetrag von bis zu 240 000 Pfund pro Jahr an die Parteizentrale überweist, die die Kontrolle über dieses Geld übernommen hätte. Sie wird jedoch vom blairistischen Flügel kontrolliert. RMT-Generalsekretär Mick Cash sagte im Anschluss an die außerordentliche Generalversammlung: »Viele unserer Mitglieder sind wütend über die dauernden Versuche eines harten Kerns von Parlamentsabgeordneten Jeremy Corbyn und seine radikalen und progressiven Veränderungen zurückzudrängen. Gleichzeitig wollen wir Corbyn und die linke Parteiführung unterstützen.« Deshalb sind die lokalen RMT-Strukturen nun aufgerufen, sich bei Labour einzubringen und Wahlkämpfe zu unterstützen, »so lange Labour zentrale Positionen der RMT unterstützt«. Ein Freibrief für rechte Labour-Politiker ist das nicht.
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