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Dem Abstieg folgt der Rückzug
Die Erfurter Rockets spielten vor Kurzem noch in der Basketball-Bundesliga, nun fehlt sogar Geld für die zweite Liga. Die Klubführung geht
»Man muss sich nichts vormachen: Im Profisport brauchst du Geld.« Diesen Satz sprach Thomas Fleddermann vor gut acht Monaten. Damals hatten die Basketballer der Rockets in Erfurt noch genug Geld - vor allem von einem potenten Hauptsponsor - und dazu viel Vorfreude auf ihre erste Bundesligasaison. Manager Fleddermann frohlockte gegenüber »nd« sogar mit einem Stimmungszuwachs: »Die Leute sind alle total begeistert. Unsere Fans werden die BBL auffrischen.«
Ein gutes halbes Jahr später stieg Erfurt gleich wieder ab, denn die Saison war so ganz anders verlaufen, als es sich die Klubführung vorgestellt hatte. Gleich zu Beginn fielen fünf Leistungsträger verletzt aus, die Halle in Erfurt war zudem fast nie voll, und dann sprang zum Jahreswechsel auch noch der große Geldgeber ab. Die Rockets überlebten nur, weil Gesellschafterin Astrid Kollmar eine sechsstellige Summe aus ihrem Privatvermögen in den Etat pumpte. Wirklich überraschend war die Entwicklung nicht. »Wir müssen noch mehr Sponsoren gewinnen. Wir wissen, dass nur ein einziger großer Partner auf Dauer nicht gesund sein kann«, hatte Fleddermann vor der Saison geradezu orakelt. Wie ungesund, zeigte sich aber erst nach dem Abstieg: Am Mittwoch teilte der Verein mit, dass er auch in der zweiten Liga nicht antreten werde. Ob er das Startrecht der zweiten Mannschaft in der drittklassigen Pro B nutzen wird, ist derzeit noch offen.
»Wären wir in der BBL geblieben, wäre es mit großer Sicherheit weitergegangen«, sagt Wolfgang Heyder, der mit dem Zweitligarückzug sein Amt als Sportdirektors niederlegte. Auch Fleddermann, Trainer Ivan Pavic und Nachwuchskoordinator Florian Gut gehen. »Wir hätten alle in der zweiten Liga weitergemacht, doch so ist uns allen die Arbeitsgrundlage entzogen worden«, erklärt Heyder, der einst Bamberg zu sechs Meistertiteln führte.
Der Klassenerhalt war am letzten Spieltag Anfang Mai durch ein dramatisches 80:85 im Thüringer Derby bei Science City Jena verspielt worden, als der direkte Kontrahent Bremerhaven mit einem Sieg gegen Gießen noch an Erfurt vorbeizog. »Es war aber nicht nur dieses eine Spiel gegen Jena. Wir haben einige unglücklich verloren«, schaut Heyder zurück. In der Tat gaben die Rockets zuvor in fünf Partien eine Führung im letzten Viertel noch aus der Hand. »Hätten wir nur eins davon gewonnen, würden wir nächste Saison wieder in der BBL spielen.« Jetzt ist es vielleicht nicht einmal die dritte Liga.
Dass das Geld auch für Liga zwei nicht reicht, rückt den angeblichen Basketballboom in der Region wieder ins Licht der Realität zurück. Laut Heyder war mit einem Budget von 1,5 Millionen Euro geplant worden, weit weniger als noch in der BBL. Dafür seien viele junge Spieler schon bereit gewesen, nur für eine Art Aufwandsentschädigung anzutreten, obwohl ihnen bessere Angebote vorgelegen hätten. »Wir haben alle bis Sonntag gekämpft, hatten ein klares Konzept und schon einige Sponsoren herangezogen«, so Heyder. Letztlich waren es offensichtlich zu wenige.
»Ein direkter Wiederabstieg wäre nicht schön für uns, aber die Welt würde davon auch nicht untergehen«, hatte der nun ehemalige Manager Thomas Fleddermann vor Saisonstart im »nd«-Interview gesagt. Noch eine Prognose, die sich zumindest für die Erfurter Basketballwelt dann doch als falsch herausstellte.
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