Magere Ausbeute in La Malbaie

Regionalgipfel in China wirbt nach G7-Turbulenzen für Freihandel und Zusammenarbeit

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 4 Min.

Was angesichts der nachträglichen Kehrtwende von US-Präsident Donald Trump am Ende von den im Schlusskommuniqué genannten Verpflichtungen überhaupt vom G7-Gipfel bleiben wird, ist offen. Doch waren die Ergebnisse beim Treffen in La Malbaie ohnehin mager.

Das Handelsdesaster

Der Handelskonflikt der Europäer, Japaner und Kanadier mit den USA ließ den Gipfel letztlich entgleisen. Trotz der fundamentalen Gegensätze gab es zwar die Einigung auf eine vage gemeinsame Erklärung samt Aufruf zum Kampf gegen Protektionismus und Plädoyer für eine Modernisierung der Welthandelsorganisation (WTO) hin zu mehr Gerechtigkeit. Doch Trump nutze den Auftritt von Gastgeber Trudeau auf der Schlusspressekonferenz als Vorwand , um die Erklärung aus der Ferne doch noch für obsolet zu erklären.

Streit um Klima und Plastikmüll

In Sachen Klimaschutz finden sich in der Gipfelerklärung nur die Differenzen mit den USA wieder. Deutschland, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan und die EU-Spitze bekennen sich zum Pariser Abkommen, die USA ließen ihren Sonderweg festschreiben. Trump war im Vorjahr aus dem Vertrag ausgestiegen und wollte ihn anfangs völlig aus dem G7-Dokument verbannen. Beim vereinbarten Kampf gegen Plastikmüll in den Ozeanen wollen die USA, obwohl weltweit größter Verursacher, ebenfalls nicht mitmachen. Aber auch Japan verweigert sich der Verpflichtung der anderen, bis 2030 eine vollständige Wiederverwertbarkeit von Plastik sicherzustellen. Auch das Ziel, mindestens 55 Prozent ihrer Kunststoffabfälle zu recyceln, tragen die USA und Japan nicht mit.

Ohne Russland und Iran-Deal

Über Trumps überraschenden Vorstoß am Gipfel-Vorabend, Russland wieder in die G7 aufzunehmen, gab es keine Verständigung. Einzig Italiens neuer Regierungschef Giuseppe Conti unterstützte den US-Präsidenten. Einig war man sich, gemeinsam gegen Destabilisierungsversuche aus Ländern wie Russland vorzugehen. Doch das steht in einer gesonderten Erklärung. Dafür soll ein neuer Mechanismus zur koordinierten und schnellen Reaktion auf Wahlmanipulationen, Propagandaattacken und andere »inakzeptable Handlungen« geschaffen werden. Russlands Präsident Wladimir Putin kritisierte die G7 scharf und schlug beim Regionaltreffen der Shangai-Gruppe ein baldiges bilaterales Treffen mit US-Präsident Trump vor. Die G7-Kritik an seinem Land tat er als »kreatives Gelaber« ab. »Ich glaube, nun müssen wir uns den konkreten Fragen einer realen Zusammenarbeit zuwenden.« Für ihn gehört auch der Atom-Deal mit Iran dazu. Der Streit mit den USA nach der Vertragsaufkündigung von Trump wird in der G7-Erklärung mit keinem Wort erwähnt. Dagegen war der Atomkonflikt auf der koreanischen Halbinsel das einzige Topthema, bei dem sich die G7-Partner einigen konnten.

Mehr Gleichberechtigung?

Zumindest bei der Gleichberechtigung, einem der Schwerpunktthemen von Gastgeber Kanada, gab es Fortschritte. Die G7-Staaten wollen bis 2020 drei Milliarden US-Dollar (2,5 Mrd. Euro) mobilisieren, um Frauen in Entwicklungsländern zu unterstützen. Die Länder selbst stellen eine Milliarde bereit, um weitere zwei Milliarden aus dem Privatsektor zusammenzubringen. Die Initiative will den Zugang von Frauen zu guten Jobs, Finanzen, Märkten, Führungsmöglichkeiten und Dienstleistungen verbessern. Zugleich soll das Unternehmertum von Frauen gefördert werden. Ein von Kanada eingeführtes Beratergremium für Gleichberechtigung werde auch unter Frankreich G7-Vorsitz im nächsten Jahr weiter arbeiten.

Milliarden für die Bildung

Zu den wenigen konkreten Ergebnissen des Gipfels gehört auch die Zusage der Teilnehmer über knapp drei Milliarden Dollar (2,5 Mrd.) für Bildungsausgaben zugunsten von Mädchen und Frauen in Konflikt- und Krisenregionen. Justin Trudeau sprach von der »bislang größten Investition« dieser Art. Die Summe soll in den nächsten drei bis fünf Jahren eingesetzt werden, und sie ist größer, als Nichtregierungsorganisationen in La Malbaie gefordert hatten. Die Zusagen seien »äußerst willkommen - besonders in Anbetracht des gespannten politischen Umfelds dieses Gipfels«, erklärte etwa der Kanadische Rat für Internationale Zusammenarbeit. Mit dem Geld sollen Lehrer ausgebildet sowie Lehrpläne verbessert und unter dem Strich mehr Mädchen und Frauen zu einem Bildungsabschluss gebracht werden. Auch Flüchtlinge können profitieren.

Kontrapunkt aus China

Gastgeber China und die Mitglieder der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) nutzen ihren Regionalgipfel in Qingdao, um mit einem Bekenntnis zum Freihandel und zur internationalen Zusammenarbeit einen Kontrapunkt zum desaströsen G7-Gipfel zu setzen. »Wir sollten eigennützige, kurzsichtige und intransparente Politik zurückweisen«, so Chinas Präsident Xi Jinping am Sonntag. Er warnte vor »Unilateralismus, Handelsprotektionismus und Widerstand gegen die Globalisierung« und sprach sich für die »Fortsetzung der Kooperation zum gegenseitigen Vorteil« aus. Zur SCO gehören China, Russland, vier frühere Sowjetrepubliken sowie die Neumitglieder Pakistan und Indien. Iran hat Beobachterstatus. Das Treffen in Qingdao verlief ohne offenen Streit. Mit Agenturen

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