SPD sucht Sollbruchstelle für Jamaika

Schleswig-Holstein: Landtag debattiert über Fahrverbote

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Grünen in Schleswig-Holsteins Jamaika-Koalition mit CDU und FDP mussten in jüngster Zeit einige politische Kröten schlucken - und die oppositionelle SPD fragt, wie viel Spaß die Partei eigentlich noch an diesem Bündnis hat. Für Mittwoch hatten die Sozialdemokraten im Landtag eine Aktuelle Stunde angemeldet, um die Zerstrittenheit der Regierungsparteien anhand der drohenden Fahrverbote für alte Diesel-Fahrzeuge zu dokumentieren.

Deutlich den Kürzeren zogen die Grünen bereits etwa beim Thema Landesmindestlohn, dessen Abschaffung von ihnen nicht verhindert wurde. Auch die arbeitnehmerunfreundlichen Pläne von CDU und FDP für eine Änderung des Vergaberechts bei öffentlichen Aufträgen können sie offenbar nicht zu stoppen. Tariftreue und Sozialstandards sollen weichen, was die Initiatoren, allen voran FDP-Wirtschaftsminister Bernd Buchholz, als Bürokratiebeseitigung verkaufen. Vor diesem Hintergrund rufen die Gewerkschaften für den Donnerstagnachmittag zum Protest vor dem Landeshaus auf.

Ein weiteres Thema, bei dem die SPD den Grünen einen Gesichtsverlust attestiert, ist die Absicht der Landesregierung, 2020 in Glückstadt eine Abschiebehafteinrichtung zu eröffnen. Diese soll zusammen mit Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern betrieben werden. Im Gesetzentwurf, der am Freitag im Landtag zur Diskussion steht, schließt die Landesregierung Freiheitsentzug zum Zwecke der Ausreiseerzwingung auch für werdende Mütter und Minderjährige nicht aus. Flüchtlingsinitiativen, Sozialverbände, Kirchenvertreter und Gewerkschaften laufen Sturm gegen diese Pläne. Auch die Grünen zeigen sich entsetzt, verweisen aber auf den Koalitionsvertrag und ihre Koalitionstreue. Die SPD wirft der Partei dafür soziale Kälte vor.

In der Aktuellen Stunde zu drohenden Fahrverboten für Alt-Diesel-Stinker in Kiel schlug sich die SPD am Mittwoch allerdings auf die Seite von CDU und FDP, um eine weitere vermeintliche Uneinigkeit innerhalb der Jamaika-Troika sichtbar zu machen. In einem Vorentwurf hatte der grüne Umweltminister Robert Habeck ein partielles Fahrverbot, wie es seit Kurzem in Hamburg praktiziert wird, nicht ausgeschlossen - man müsse sich schlussendlich gesetzeskonform verhalten. CDU und FDP lehnen solche Verbote strikt ab. Diese Position vertritt auch die SPD, wie etwa Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) wiederholt deutlich machte. Gespannt wartet man in der Landeshauptstadt nun auf den angekündigten endgültigen Luftreinhalteplan aus dem Umweltministerium.

In den Augen der SPD erschreckt Habeck die Autofahrer, für den Südschleswigschen Wählerverband unterstreicht der Minister in dieser Frage die Wahrnehmung der Grünen als eine Verbotspartei. FDP und Union hielten sich in der Debatte mit Kritik am Umweltminister jedoch zurück.

Im in der Politik beliebten »Schwarzer Peter-Spiel« versuchte sich im Übrigen auch Habeck. Er stellte fest, dass man auf die jetzige Debatte hätte verzichten können, wenn die Auto-Industrie nicht betrogen hätte.

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