Ankara wehrt sich gegen Wahlkritik

Human Rights Watch fordert Aufhebung des Ausnahmezustands

  • Lesedauer: 2 Min.

Istanbul. Nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei hat die Regierung in Ankara die Kritik internationaler Wahlbeobachter zurückgewiesen. Nach einem am Montag veröffentlichten Mängelbericht der Delegationen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und des Europarates (PACE) hieß es am Dienstag aus dem Außenministerium, die Beobachter hätten unbestätigte Ausnahmefälle generalisiert und negative Schlüsse übertrieben. Sie hätten damit «die Prinzipien unparteiischer Beobachtung missachtet». Die Wahlen hätten in Übereinstimmung mit den Standards freier, demokratischen Wahlen stattgefunden.

Die Wahlbeobachter hatten den Wahlen vom Sonntag eine Vielzahl von Mängeln bescheinigt. Der von Präsident Recep Tayyip Erdogan verhängte Ausnahmezustand habe den «Raum für demokratische Debatten beschränkt. Medien hätten die Wähler nicht ausgewogen mit Informationen versorgt. Mehr Polizei an den Urnen habe mitunter zu einem »Gefühl der Unsicherheit« geführt. Vor allem im Südosten seien Wahllokale verlegt worden, was es einigen Menschen schwer gemacht habe, wählen zu gehen. Beobachter seien behindert und Wähler eingeschüchtert worden. Wie deutsche Wahlbeobachter erklärten, hätten sich krasse Fälle von Wahlbetrug oder Einschüchterung nach erstem Kenntnisstand aber in Grenzen gehalten und seien regional vor allem auf den Südosten beschränkt geblieben. Allein OSZE und PACE hatten insgesamt rund 330 internationale Beobachter im Einsatz. Es gab mehr als 180 000 Wahlurnen.

Derweil hat die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) die Aufhebung des Ausnahmezustands in der Türkei gefordert. In einer in der Nacht zum Dienstag veröffentlichten HRW-Stellungnahme hieß es, das wäre ein wichtiger erster Schritt, um auch den 47 Prozent der Wähler, die für andere Präsidentschaftskandidaten gestimmt hätten, zu zeigen, dass Recep Tayyip Erdogan der Präsident der gesamten Bevölkerung sei »und ihre Rechte beschützen möchte«. Den Ausnahmezustand hatte Erdogan nach dem Putschversuch im Juli 2016 verhängt und in der Folge unter anderem Zehntausende Menschen verhaften lassen. Kurz vor den Wahlen hatte er in Aussicht gestellt, den am 19. Juli auslaufenden Notstand nicht zu verlängern. dpa/nd

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