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  • Comic-Trilogie »Die besten Feinde«

Historische Schwarz-Weiß-Malerei

Die Comic-Trilogie »Die besten Feinde« illustriert den US-amerikanischen Einfluss im Nahen Osten

  • Waldemar Kesler
  • Lesedauer: 3 Min.

Der französische Zeichner David B. wollte seit dem Zweiten Golfkrieg eine Geschichte der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Nahen Osten zeichnen. Als er bei der Recherche bemerkte, dass das Material dazu bis in die Gründungszeit der USA zurückreicht, suchte er sich beim Orientalisten Jean-Pierre Filiu Expertenhilfe. Filiu hatte als Berater des französischen Außenministeriums Jordanien, Syrien, Tunesien und auch die Vereinigten Staaten bereist. Er lehrt am Pariser Institut für politische Studien. Seine Forschung reicht von der Geschichte al-Qaidas bis zum Arabischen Frühling. Als Kooperation zwischen dem Künstler und dem Forscher entstand die dreiteilige Comic-Reihe »Die besten Feinde«.

Der erste Band widmete sich den Jahren 1783 bis 1953, der zweite den Jahren 1953 bis 1984. Der abschließende Teil schildert die Nahostpolitik von George Bush, seinem Sohn George W. Bush, von Bill Clinton und Barack Obama. Der Band setzt bei der Amtsübernahme George Bushs und der irakischen Invasion in Kuwait 1990 ein und endet bei den Giftgasangriffen der syrischen Armee 2013.

Obwohl die Rekapitulation der Ereignisse nicht darauf angelegt ist, in die Tiefe zu gehen, werden stellenweise doch historische Entwicklungslinien sichtbar: etwa die Rolle fehlender UNO-Inspektoren im Irak nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Als Bill Clinton wegen der Lewinsky-Affäre 1998 innenpolitisch unter Druck geriet, verschärfte er die Konfrontation mit Saddam Hussein. Filiu erklärt, dass die USA die Inspektoren der irakischen Waffenanlagen angewiesen haben, das Land zu verlassen, nicht Saddam, wie von amerikanischer Seite behauptet. Durch die Abwesenheit von Inspektoren schießen Spekulationen über irakische Massenvernichtungswaffen ins Kraut, deren Höhepunkt Colin Powells Rede vor dem UN-Sicherheitsrat im Jahr 2003 ist. Darin legt er angebliche Beweise für ein irakisches Chemiewaffenarsenal vor, die die bevorstehende amerikanische Invasion legitimieren sollen.

»Die besten Feinde« liefert zu weiten Teilen eine objektivierende historische Übersicht, Filiu hält sich aber mit Kritik an der amerikanischen Interventionspolitik nicht zurück, wobei Bill Clinton als Präsident ebenso verheerend agiert wie die republikanischen Präsidenten. Am besten schneidet Obama ab, vor allem wegen seiner Rede in Kairo, mit der er die durch George W. Bush schwer beschädigten Beziehungen zur muslimischen Welt reparieren wollte. Nach Obamas hinhaltendem und unentschiedenem Handeln im Syrienkonflikt kommt Filiu 2013 allerdings zum Schluss, dass die USA im Nahen Osten nicht immer aus guten Gründen eingegriffen haben, und sich zudem nach 250 Jahren der Einflussnahme im schlimmsten Moment zurückziehen.

Manchmal fehlen Filius verkürzender Darstellung doch ein paar Erklärungsdetails, um noch nachvollziehbar zu sein. Dieses Manko wiegen aber David B.s holzschnittartige Schwarz-Weiß-Zeichnungen auf, die nicht einfach nur den Text illustrieren, sondern ihn visuell kommentieren.

Bei David B. wechseln sich düstere allegorische Schlachtfelder mit Karikaturen zu geschichtlichen Ereignissen ab. Zum Satz, dass bei der alliierten Bodenoffensive im Irak ein saudisches Kontingent eine symbolische Ehrenrolle einnahm, ist ein Miniatursoldat zu sehen, der auf dem Helm eines amerikanischen Soldaten hockt und schießt. Auf einem anderen Bild unterschreibt ein zerbeultes und verbogenes Panzerrohr ein Waffenstillstandsabkommen. Die Zerstörung der irakischen Armee symbolisieren verstreute Einzelteile von Waffen, die sich zu einem schreckstarren Gesicht formen. Die Bilder changieren zwischen Tragödie und Farce, ohne dass der Erzählfluss darüber ins Stolpern gerät. Gerade diese visuelle Expressivität, die sonst nicht in historischen Darstellungen zu finden ist, macht den Reiz von »Die besten Feinde« aus. Die drei Teile der Reihe bieten Anschauungsunterricht im besten Sinne.

Jean-Pierre Filiu und David B.: Die besten Feinde. Eine Geschichte der Beziehungen der Vereinigten Staaten mit dem Nahen Osten. Dritter Teil 1984/ 2013. Avant, 96 S., geb., 19,95 €. Band 1 (1783/1953) erschien 2012, Band 2 (1953/1984) erschien 2014.

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